Morgen von Otfried Krzyzanowski

Es hebt sich, senkt sich des Windes Flüstern.
In des Morgens ragende Räume
Stechen die goldenen Zweige der Bäume
Unbewegt: so leicht sind die Blätter.
Trinke! Die Kühle des Morgens in durstigen Zügen,
Süß: wie den Vertrauenden betrügen.
 
Tausend Lockungen
Tanzendes, springendes
Lichtes, strahlendes Gold!
10 
Traue dem Freund nicht!
11 
Alles sind Lügen.
12 
Einsam ist der Genuß,
13 
Ist die Lust am Gold
14 
Allen gemeinsam die Gier, ich bin nach Einsamkeit lüstern.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Morgen“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
70
Entstehungsjahr
nach 1902
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Otfried Krzyzanowski, ein Dichter des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Dies deutet auf eine Zugehörigkeit zur literarischen Epoche des Expressionismus hin, der zwischen 1910 und 1925 seinen Höhepunkt hatte. Allerdings weist das Gedicht auch Merkmale der Romantik auf.

Beim ersten Eindruck fällt die intensive Naturverbundenheit in der ersten Strophe des Gedichts auf. Es scheint, als ob das lyrische Ich den neuen Tag und die Schönheit der Natur begrüßt. Allerdings endet diese Strophe mit einer eher melancholischen Note – der Vergleich des Morgens mit „betrügenden Vertrauenden“.

Der Inhalt des Gedichts kann als Auseinandersetzung des lyrischen Ichs mit der Vergänglichkeit und der Entrücktheit von der Welt gesehen werden. In der ersten Strophe wird das Erwachen des Morgens und die Schönheit der Natur beschrieben. Das lyrische Ich scheint den Morgen förmlich zu trinken. Doch zugleich ist da auch eine Skepsis, ein Misstrauen gegenüber dieser Schönheit. In der zweiten Strophe wird dieses Misstrauen weiter ausgeführt. Hier sind es jedoch menschliche Beziehungen („Traue dem Freund nicht! Alles sind Lügen.“) und die universelle Gier nach Gold, die in Frage gestellt werden. Das lyrische Ich zieht daraus den Schluss: Die persönliche Erfahrung (Einsamkeit) wird als echter und wahrhaftiger als die äußere Realität wahrgenommen.

Formal besteht das Gedicht aus zwei Strophen mit unterschiedlicher Länge und freien Rhythmen. Die Sprache ist durchweg geprägt von metaphorischen und symbolträchtigen Ausdrücken, die der typischen Expressionisten-Sprache entsprechen: bildhaft, knapp und konzentriert. Besonders auffällig ist die wiederkehrende Symbolik des Goldes (goldene Zweige, strahlendes Gold), die eine Verbindung zwischen der Schönheit der Natur und der menschlichen Gier herstellt.

Insgesamt stellt das Gedicht „Morgen“ von Otfried Krzyzanowski somit eine Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit und der Wahrhaftigkeit von Gefühlen und Beziehungen dar, und reflektiert den Konflikt zwischen der Schönheit der äußeren Welt und der inneren Erkenntnis und Erfahrung des lyrischen Ichs.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Morgen“ des Autors Otfried Krzyzanowski. Krzyzanowski wurde im Jahr 1886 in Starnberg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1902 und 1918. In Leipzig ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus zuordnen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 70 Worte. Die Gedichte „Aristogeiton“, „Ästhetik des Kriegs“ und „Ballade“ sind weitere Werke des Autors Otfried Krzyzanowski. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Morgen“ weitere 37 Gedichte vor.

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Weitere Gedichte des Autors Otfried Krzyzanowski (Infos zum Autor)

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