Moosrose von Louise Otto-Peters

Die rote, blätterreiche Rose,
Voll Duft und tiefverborgner Glut,
Die ohne Dorn im weichen Moose,
Auf zartem Stengel träumend ruht’:
Die Rose gab ich Dir zu eigen –
O wie verstandest Du mich wohl!
Du weihtest sie zum Bundeszeichen
Zu unsrer Seligkeit Symbol!
 
Du willst sie unverwelklich wahren
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In Deiner Hand, an Deiner Brust,
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Ein Talisman, der in Gefahren
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Zu schützen mich und Dich gewußt;
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Ein Unterpfand von künft’ger Wonne,
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Wenn hinter uns die finstre Nacht,
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Wenn eine freie, stolze Sonne
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Zugleich auf uns herniederlacht.
 
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Viel Dornen sind auf unsern Wegen,
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Doch diese Ros’ ist dornenlos,
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Du zogst mit warmen Herzensschlägen
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Die stille Knospe voll und groß.
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Das ist ein Sprossen, ist ein Drängen –
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Ein ganzer Hain von Rosen blüht,
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Und zu begeisterten Gesängen
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Ein jeder Kelch sich öffnend glüht.
 
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So laß uns selig träumend wallen
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Im Rosenhain der Poesie,
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Und Lied um Lied soll preisend schallen
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In süßer Liebes-Melodie.
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So laß uns Gott im Himmel loben
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Der solche Rosen blühen hieß
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Und uns, trotz wilder Wetter Toben,
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Die schönste dennoch finden ließ.
 
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So laß uns diesen Gott vertrauen,
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Der an den Blumen Wunder thut,
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Nicht nur im Blitz ist er zu schauen,
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Er redet auch aus Rosenglut.
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Wie uns des Wetters Nacht umdunkelt,
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Wie Angst und Weh’ das Los der Zeit:
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Ein heil’ger Strahl im Kelche funkelt –
40 
Die Rose blüht in Ewigkeit!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.6 KB)

Details zum Gedicht „Moosrose“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
224
Entstehungsjahr
1850-1860
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Moosrose“ stammt von der Autorin Louise Otto-Peters, die im 19. Jahrhundert, genauer zwischen 1819 und 1895, lebte. Damit lässt es sich in die Epoche des Biedermeier und Realismus einordnen, in welcher Otto-Peters ein großes Engagement für die Frauenbewegung zeigte.

Betrachtet man den ersten Eindruck von „Moosrose“, so fällt vor allem die durchweg positive und auch etwas romantisch-neblige Stimmung des Gedichtes auf. Die Rose wird als Symbol des Guten und Schönen wahrgenommen und begleitet das lyrische Ich und seinen Partner durch gute und schwere Zeiten.

Inhaltlich geht es in „Moosrose“ um eine Rose, die der Erzähler seinem Gegenüber schenkte. Diese wurde zu einem Symbol ihrer Verbindung und soll sie in Gefahren schützen und ein Unterpfand zukünftiger Glücksmomente sein. Obwohl es auf ihrem gemeinsamen Weg viele Dornen gibt, ist diese Rose dornenlos. Das lyrische Ich bittet, in den zukünftigen Momenten im „Rosenhain der Poesie“ zu wandeln und Gott zu loben, der diese Rose hat blühen lassen.

Die Metaphorik der Rose wird also dazu genutzt, um die Beziehung zwischen dem lyrischen Ich und dem Adressaten des Gedichts darzustellen. Sie ist ein Symbol der Liebe, des Schutzes und der Zukunftshoffnung. Zugleich spiegelt sie aber auch eine gewisse Ambivalenz wider: Sie ist gleichzeitig dornenlos und doch von Dornen umgeben; sie steht für den Traum einer unbeschwerten Zukunft, birgt aber gleichzeitig die Gefahr des Verwelkens und Vergänglichen in sich.

Formal besteht das Gedicht aus fünf dyjambischen Vierzeilern. Diese weisen einen klaren Reim auf (abab). In Bezug auf die Sprache lässt sich das Gedicht als relativ klar und gut verständlich einordnen. Die Metaphorik ist konsequent und wird deutlich und klar ausgeführt. Die Sprache ist emotional und bildhaft, mit einer gewissen Liebe zum Detail und einer klaren, definitiven Sprache.

Insgesamt vermittelt „Moosrose“ somit Gefühle der Liebe, Hoffnung und Beständigkeit. Es ist ein Loblied auf die Liebe und das gemeinsame Bestehen gegen die Widerstände des Lebens. Aber es zeigt auch das Bewusstsein der Vergänglichkeit und der ständigen Herausforderungen, denen sich die Liebe stellen muss. Damit passt es auch in den Kontext der Epoche der Biedermeier und des Realismus, in der zwar gesellschaftliche Umbrüche und Unruhen vorherrschten, aber auch eine Sehnsucht nach Beständigkeit und Harmonie.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Moosrose“ ist Louise Otto-Peters. Geboren wurde Otto-Peters im Jahr 1819 in Meißen. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1860. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 224 Worte. Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für das Gedicht „An Georg Herwegh“, „An Ludwig Börne“ und „An Richard Wagner“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Moosrose“ weitere 106 Gedichte vor.

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