Mondschein von Victor Hugo

Der Mond schien heiter auf den Wellen spielend;
Das Fenster ist dem Abendhauch geräumt;
Die Sultanin blickt auf das Meer, das wühlend
Mit Silberfluth die schwarzen Inseln säumt.
 
Die Zither fällt aus ihren Händen klingend;
Sie lauscht – ein dumpfer Lärm das Echo trifft.
Ist es ein türkisch Fahrzeug fernher dringend,
Das durch den Archipel, mit Tartarruder, schifft?
 
Sind es Seeraben rasch die Fluth durchstreifend,
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Die perlend rollt von ihrem dunkeln Flügel?
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Ist es ein Djinn mit heis’rer Stimme pfeifend,
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Der Thurmesspitzen schleudert von dem Hügel?
 
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Wer trübt die Fluth bei dem Serail der Frauen?
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Seeraben nicht, sich wiegend auf den Wogen;
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Kein Stein ist fallend von dem Thurm zu schauen;
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Kein türkisch Schiff kommt rudernd hergezogen.
 
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Nein, Säcke sind’s, die Seufzer leicht bewegen;
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Wohl sähe man, das dunkle Meer durchwühlend,
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Gestalten sich in ihrem Innern regen. — —
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Der Mond schien heiter auf den Wellen spielend.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.5 KB)

Details zum Gedicht „Mondschein“

Autor
Victor Hugo
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
146
Entstehungsjahr
Original: 2. Dezember 1828; Übersetzung: unbekannt
Epoche
Klassik,
Romantik,
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das besprochene Gedicht ist „Mondschein“ von Victor Hugo, einem französischen Schriftsteller und Poeten aus dem 19. Jahrhundert, der vor allem durch seine Romane „Die Elenden“ und „Der Glöckner von Notre-Dame“ bekannt wurde.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass es sich um ein lautmalerisches Gedicht handelt, das durch seine bildreiche Sprache und die Verwendung von Naturelementen eine besondere Atmosphäre schafft.

Das Gedicht schildert die äußere Szenerie durch die Augen der Sultanin, die auf das Meer blickt und verschiedene Wahrnehmungen und Vermutungen anstellt. Sie hört Geräusche und stellt Fragen zu ihrer Quelle - Störche, Seeraben, ein Djinn oder ein Schiff könnten der Ursprung sein. Doch am Ende stellt sich heraus, dass es Säcke sind, die sich bewegen, verursacht durch Seufzer. Es wird impliziert, dass sich in den Säcken menschliche Gestalten bewegen. Die letzte Zeile des Gedichts kehrt zum Anfang zurück, das lyrische Ich betont erneut den heiter spielenden Mond auf den Wellen.

Victor Hugo benutzt hier kontrastreiche Bilder und Vorstellungen, um eine unheimliche Atmosphäre zu schaffen – die heitere Stimmung des Mondes am Anfang und Ende gegen die zwischendurch aufkommende Unruhe und Spannung. Inhaltlich handelt das Gedicht davon, wie Wahrnehmungen und Interpretationen durch die Stimmung und Erwartung des Betrachters gefärbt werden.

In Bezug auf Form und Sprache ist das Gedicht in vierzeilige Strophen unterteilt, in denen jeweils die erste und zweite sowie dritte und vierte Zeile sich reimen (Kreuzreim). Die Sprache ist sehr bildreich und lautmalerisch, wodurch die Atmosphäre und Szenerie lebendig werden. Die zahlreichen Fragen, die im Gedicht gestellt werden, verleihen dem Text einen rätselhaften Charakter und ziehen den Leser in die Spekulationen des lyrischen Ichs hinein.

Die Stimmung des Gedichts wechselt - von heiter und idyllisch zu unheimlich und dann wieder zurück. Dieser Wechsel wird durch die geschickte Verwendung von Sprache und Bildern erreicht. Die Sultanin als Betrachterin und lyrisches Ich dient dabei als Medium, durch das der Leser diese Stimmungswechsel miterlebt. Zusammenfassend ist „Mondschein“ ein atmosphärisches und spannungsreiches Gedicht, das den Leser in eine andere Welt entführt und ihn zum Nachdenken anregt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Mondschein“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Victor Hugo. 1802 wurde Hugo in Besançon geboren. 1828 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 146 Worte. Der Dichter Victor Hugo ist auch der Autor für das Gedicht „November“. Zum Autor des Gedichtes „Mondschein“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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