Mittag von Andreas Gryphius

AUff Freunde! last vns zu der Taffel eylen /
In dem die Sonn ins Himmels Mittel hält
Vnd der von Hitz vnd Arbeit matten Welt
Sucht ihren Weg / vnd vnsern Tag zu theilen.
Der Blumen Zier wird von den flammen Pfeylen
Zu hart versehrt / das außgedörtte Feld
Wündscht nach dem Tau’ / der Schnitter nach dem Zelt;
Kein Vogel klagt von seinen Liebes Seilen.
Das Licht regiert / der schwartze Schatten fleucht
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In eine Höl / in welche sich verkreucht /
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Den Schand vnd Furcht sich zu verbergen zwinget.
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Man kan dem Glantz deß Tages ja entgehn!
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Doch nicht dem Licht / das / wo wir immer stehn /
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Vns siht vnd richt / vnd Hell’ vnd Grufft durch dringet.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Mittag“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
111
Entstehungsjahr
1658
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mittag“ stammt von Andreas Gryphius, einem der bedeutendsten deutschen Barockdichter, der von 1616 bis 1664 lebte.

Auf den ersten Blick ist das Gedicht in alter deutscher Rechtschreibung verfasst, die einige Worte ungewohnt und schwer zu verstehen macht. Es beschreibt eine intensive Mittagsszene, in der die Sonne ihren Zenit erreicht hat und die Welt unter ihrer Hitze erschöpft und ausgebrannt erscheint.

Inhaltlich findet zu Beginn des Gedichts ein Aufruf statt, zur Tafel zu eilen, da die Sonne ihren Höchststand erreicht hat und die Welt erschöpft ist. Es wird darauf hingewiesen, wie die Blumen durch die Sonnenstrahlen zu hart getroffen werden und das ausgetrocknete Feld nach Tau verlangt. Auch wird ein Bild von Vögeln genutzt, die aufhören zu singen. Im weiteren Verlauf wird das beherrschende Licht thematisiert, vor dem sich Dunkelheit und Schatten verstecken. Die letzte Zeile scheint schließlich eine moralische Dimension einzuführen, indem erklärt wird, dass man zwar dem Licht des Tages ausweichen kann, aber nicht dem Licht, das uns immer sieht und beurteilt, welches sowohl Himmel als auch Hölle durchdringt.

In seiner sprachlichen Form ist das Gedicht durch eine sehr bildhafte und metaphorische Sprache gekennzeichnet und folgt einer sehr strikten und klassischen Versform. Es besteht aus 14 Versen, was es zu einem Sonett macht, einer sehr üblichen Form für Gedichte der Barockzeit.

Das ursprüngliche „lyrische Ich“, das zu Beginn spricht, tritt im Laufe des Gedichts ziemlich in den Hintergrund, um Platz für die ausführliche Beschreibung der Sonneneinwirkungen zu machen. Dieses gewinnt jedoch in den letzten Zeilen wieder an Bedeutung, wenn es eine deutlichere Metapher für moralisches Beurteilen einführt. Die Verwendung des Lichts als Metapher sowohl für die körperliche als auch für die geistige und moralische Welt ist sehr wirkungsvoll und beispielhaft für barocke Poesie. Es reflektiert den Dualismus, den Gryphius oft in seiner Poesie darstellen wollte, die Gegensätze von irdischer und geistiger Welt, Vergänglichkeit und Ewigkeit.

Insgesamt zeichnet Gryphius in „Mittag“ ein sehr lebendiges und intensives Bild einer sonnenverwüsteten Welt, das sich in eine moralische Reflexion wandelt und damit durch sein Bildmaterial und seine symbolische Tiefe besticht. Es zeigt seine meisterhafte Fähigkeit, komplexe Themen und Gedanken in dichter, lyrischer Sprache zu vermitteln.

Weitere Informationen

Andreas Gryphius ist der Autor des Gedichtes „Mittag“. Der Autor Andreas Gryphius wurde 1616 in Glogau geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1658 entstanden. Der Erscheinungsort ist Breßlau. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Barock kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Gryphius handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Der Barock umfasst den Zeitraum von 1600 bis 1720. Die Übersetzung des portugiesischen Begriffes „barocco“ lautet „unregelmäßig geformte Perle“. Der Dreißigjährige Krieg, der in die Zeit von 1618 bis 1648 fiel, gilt als das maßgebende Bezugselement des Barocks. Der Dreißigjährige Krieg hinterließ ein wirtschaftlich, politisch und kulturell verfallenes Deutsches Reich. Aufgrund der Auseinandersetzungen wurden ganze Landstriche entvölkert. So wurden Gewalt, Tod und Zerstörung zum Teil des Alltags der Menschen der damaligen Zeit. Hungersnöte und Seuchen, wie die Pest, verschlimmerten die Situation der Bevölkerung weiter. Allein der Ausbruch der Pest reduzierte die Bevölkerung um ein Drittel. Besonders Pest und Krieg im Barock zeigen auch ein prägendes Merkmal auf: der Gegensatz. Zum einen Armut, Elend und Tod, zum anderen Prunk, Glanz und Macht. So lebte die normale Bevölkerung in bitterer Armut, während Adelige einen protzigen Lebensstil bevorzugten. In der vorherigen Epoche (Renaissance) waren noch viele Werke auf Lateinisch geschrieben worden. Im Barock begann jedoch die Zeit der deutschsprachigen Literatur. Die bedeutenden Vertreter der Dichtung der Barockzeit sind Martin Opitz, Paul Fleming, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Andreas Gryphius, Simon Dach, Johann Christian Günther, Angelus Silesius und Friedrich von Logau.

Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 111 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Andreas Gryphius sind „An Eugenien“, „An Gott den Heiligen Geist“ und „An Gott den Heiligen Geist“. Zum Autor des Gedichtes „Mittag“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 463 Gedichte vor.

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