Mit einem goldnen Halskettchen von Johann Wolfgang von Goethe

Dir darf dieß Blatt ein Kettchen bringen,
Das, ganz zur Biegsamkeit gewöhnt,
Sich mit viel hundert kleinen Schlingen
Um deinen Hals zu schmiegen sehnt.
 
Gewähr dem Närrchen die Begierde,
Sie ist voll Unschuld, ist nicht kühn;
Am Tag ist’s eine kleine Zierde,
Am Abend wirfst du’s wieder hin.
 
Doch bringt dir einer jene Kette,
10 
Die schwerer drückt und ernster faßt;
11 
Verdenk’ ich dir es nicht, Lisette,
12 
Wenn du ein klein Bedenken hast.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Mit einem goldnen Halskettchen“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
74
Entstehungsjahr
1771
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mit einem goldnen Halskettchen“ wurde von Johann Wolfgang von Goethe geschrieben, einem der bekanntesten und bedeutendsten deutschen Dichter. Es dürfte in der Zeit der Weimarer Klassik entstanden sein, also zwischen 1786 und etwa 1832.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht in drei gleich strukturierten Strophen aufgeteilt ist, jede mit vier Versen. Goethe wählt einen sanften, fast spielerischen Tonfall und spricht offensichtlich eine Person namens Lisette direkt an.

Inhaltlich schenkt das lyrische Ich Lisette eine Halskette, die offenbar aus Papier besteht („Dir darf dies Blatt ein Kettchen bringen“). Es beschreibt das Schmuckstück als biegsam und voller kleiner Schlingen – eine Anspielung auf die Art und Weise, wie das Papier verarbeitet wurde, um die Kette zu erstellen. In der zweiten Strophe wird erklärt, dass die Kette als hübsche Tageszierde gedacht und am Abend abgenommen wird. Die dritte Strophe fügt eine neue Dimension hinzu: Sie stellt die leichte Papierkette in Kontrast zu einer „wirklichen“, schweren Goldkette. Hier stellt das lyrische Ich klar, dass es Lisette nicht verdenken würde, wenn sie vor der Annahme einer solchen schweren Kette zögert – was möglicherweise auf eine Heiratsanfrage anspielt.

Was die Form angeht, hat Goethe für dieses Gedicht einen einfachen, klaren Vierzeiler mit vereinzelten Reimen gewählt. Die Sprache ist leicht verständlich und direkter Natur, mit einer gut erkennbaren narrativen Struktur. Schmuck und dessen Symbolik stehen im Zentrum des Gedichts, durch das Kontrastieren von leichtem und schwerem Schmuck wird eine Aussage zu den unterschiedlichen Formen von Beziehungen und Verbindlichkeiten getroffen.

Abschließend könnte man sagen, dass Goethes „Mit einem goldnen Halskettchen“ auf subtile Weise die Themen Liebe, Beziehung und Verbindlichkeit behandelt – und das auf eine charmante, fast spielerische Art und Weise.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Mit einem goldnen Halskettchen“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Wolfgang von Goethe. Goethe wurde im Jahr 1749 in Frankfurt am Main geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1771 entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren zwischen 1765 und 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Vertreter waren meistens junge Autoren, zumeist nicht älter als 30 Jahre. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit der Hinwendung Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.

Richtungsweisend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Literaturepoche endete im Jahr 1832 mit dem Tod Goethes. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Die Klassik geht von einer Erziehbarkeit des Menschen zum Guten aus. Ihr Bestreben ist die Humanität, die wahre Menschlichkeit (das Schöne, Gute, Wahre). Die Autoren der Klassik gingen davon aus, dass Gott den Menschen Vernunft und Gefühle gibt und die Menschen damit dem Leben einen Sinn geben. Das Individuum ist also von höheren Mächten bestimmt. In der Lyrik haben die Dichter auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. Beispielsweise war so die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders geschätzt. Des Weiteren verwendeten die Autoren eine pathetische, gehobene Sprache. Die bedeutendsten Schriftsteller der Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Andere Schriftsteller der Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden zuletzt genannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen konstruktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Das 74 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe ist auch der Autor für Gedichte wie „Amytnas“, „An Annetten“ und „An Belinden“. Zum Autor des Gedichtes „Mit einem goldnen Halskettchen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1618 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Johann Wolfgang von Goethe

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Johann Wolfgang von Goethe und seinem Gedicht „Mit einem goldnen Halskettchen“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe (Infos zum Autor)

Zum Autor Johann Wolfgang von Goethe sind auf abi-pur.de 1618 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.