Mission der Kunst von Louise Otto-Peters

Die Kunst für alle! sie ist uns gesendet,
Daß sie ob niedrer Sorge, allem Leid,
Vom Endlichen zu der Unendlichkeit
Die Blicke wie die Geister tröstend wendet.
 
Wo sie aus ihrem Füllhorn Segen spendet,
Da werden alle Herzen groß und weit –
Die Kette sinkt, die Schwingen sind befreit,
Die Kerkerhaft der Seele ist beendet.
 
Und wär Dir nur ein kleiner Teil verliehen,
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Ein Echo nur der hohen Gotteskraft –
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Genug, Dich aus dem Staub emporzuziehen –
 
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Gelob es nur, vom Zweifel aufgerafft:
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Mein Handeln sei ein Klang voll Harmonieen,
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Draus sich mein Leben selbst zum Kunstwerk schafft.
 
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II.
 
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Heißt das dem Leben seine Schuld bezahlen,
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Weil wir ein höchstes Ziel doch nie erreichen,
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Die Müh’ zu scheuen, zu ihm aufzusteigen
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Auf steilem Pfad umringt von Warnungsmalen?
 
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Die Sonne winkt mit ihren goldnen Strahlen
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Zur Höhe wo die Alltagsnebel weichen –
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Dort wird die Welt im andern Licht sich zeigen
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Heißt Deine Losung: treu dem Idealen.
 
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Ist sie Dir fest und treu ins Herz geschrieben,
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So laß nicht ab vom mut’gen Aufwärtsstreben,
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Bist Du auch noch so fern vom Ziel geblieben!
 
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Die Selbstvollendung schuldest Du dem Leben!
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Versuche denn, von Menschenlieb getrieben,
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Das Ideal der Menschheit zu verweben!
 
30 
III.
 
31 
Wie sich auch mag die Schönheit offenbaren,
32 
Und wo sie ihren Einzug je gehalten:
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Ob hier in holden menschlichen Gestalten,
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Ob dort in Blüten, ob an Kunstaltaren:
 
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Sie ist ein Teil von jenem Ewigwahren,
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Das Göttliche auf Erden zu entfalten;
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Wo echter Schönheit heil’ge Scepter walten,
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Da hat die Welt nur Glück und Heil erfahren.
 
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In jeder Brust weckt sie ein reg’ Verlangen,
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Daß nie und nirgend ihr Erscheinen fehle,
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Die überall mit Jubelruf empfangen.
 
42 
Doch welche Form sie zur Erscheinung wähle –
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Nur eine wird durch alle Zeiten prangen:
44 
Die schöne That ist’s einer schönen Seele.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Mission der Kunst“

Anzahl Strophen
14
Anzahl Verse
44
Anzahl Wörter
294
Entstehungsjahr
1860-1870
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht mit dem Titel „Mission der Kunst“ wurde von Louise Otto-Peters verfasst, die von 1819 bis 1895 lebte. Sie war eine prominente deutsche Frauenrechtlerin und Schriftstellerin des 19. Jahrhunderts.

Auf den ersten Blick scheint dieses Gedicht eine Hommage an die Kunst und die Rolle sie im alltäglichen Leben spielt. Es handelt von der Heilkraft der Kunst und der Inspiration, die sie bietet.

Im ersten Teil des Gedichts beschreibt das lyrische Ich, dass die Kunst uns in schwierigen Zeiten tröstet und uns helfen kann, über unseren weltlichen Sorgen und unserem Leid zu stehen. Die Kunst soll dazu dienen, uns zu läutern und zu befreien. Der zweite Teil fordert dazu auf, selbst künstlerisch aktiv zu werden, um das eigene Leben zu einem Kunstwerk zu machen, und sich von der Idee des Scheiterns nicht entmutigen zu lassen. Der dritte und letzte Teil des Gedichts betont die Schönheit der Kunst und wie sie sich in den verschiedensten Formen offenbaren kann.

Das lyrische Ich drückt hierbei ihre tiefe Wertschätzung für die Kunst aus und betont ihre vitalisierende Rolle in unserem Leben. Die Gleichsetzung von Kunst, Schönheit und Wahrheit zeigt, dass Otto-Peters die Kunst als eine höhere Macht sieht, die dem Leben Tiefe und Bedeutung gibt. Sie scheint zu glauben, dass die Schönheit der Kunst, unabhängig davon, wie sie sich manifestiert, als Therapie dienen kann und einen positiven Einfluss auf die Menschen hat.

Das Gedicht ist in Versform verfasst. Die an einigen Stellen verwendeten Versmaße und Reimschemen tragen zur Schönheit des Gedichts bei und verleihen ihm eine gewisse harmonische Ästhetik. Trotz der Komplexität und Tiefe der vermittelten Botschaften bleibt die Sprache des Gedichts relativ einfach und klar, was zur Verständlichkeit beiträgt. Im Allgemeinen nutzt Otto-Peters die Dichtung als Medium, um ihre tiefe Wertschätzung und Leidenschaft für die Kunst zum Ausdruck zu bringen.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „Mission der Kunst“ ist Louise Otto-Peters. Otto-Peters wurde im Jahr 1819 in Meißen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1870 entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Die Richtigkeit der Epoche sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das 294 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 44 Versen mit insgesamt 14 Strophen. Louise Otto-Peters ist auch die Autorin für das Gedicht „An Richard Wagner“, „Auf dem Kynast“ und „Bergbau“. Zur Autorin des Gedichtes „Mission der Kunst“ haben wir auf abi-pur.de weitere 106 Gedichte veröffentlicht.

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