Mihi est propositum... von Otto Ernst

Deckt mir überreich den Tisch
Für die lieben Gäste;
Aber aus dem Keller holt
Mir das Allerbeste!
Daß sie lächelnd sich gestehn,
Wenn sie heimwärts schweben:
Edlen Wein hat er geschenkt
Und ihn gern gegeben.
 
Wonnig lacht mir deutscher Wein,
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Wonniger das Leuchten,
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Wenn der Zecher Augen sich
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In Entzückung feuchten.
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Ist ihr stammelnd Zeugnis doch
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Feinste Frucht der Reben:
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Edlen Wein hat er geschenkt
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Und ihn gern gegeben.
 
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Unser Dichten, unser Tun
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Richten Pharisäer.
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Rückt indessen um den Tisch
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Näher nur und näher.
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Will nun mit erhöhter Kraft
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Nach dem Ruhme streben:
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Edlen Wein hat er geschenkt
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Und ihn gern gegeben,
 
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Mag euch nun der Misanthrop
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„Tafelfreunde“ schelten,
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O, ich weiß: ihr werdet einst,
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Was ich gab, vergelten!
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Klagend wird's an meiner Gruft
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Euer Herz durchbeben:
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Edlen Wein hat er geschenkt
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Und ihn gern gegeben.
 
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Und in meiner sichern Truh'
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Werd' ich leise lachen,
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Weil Freund Hein es nicht geglückt,
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Ganz mich tot zu machen.
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Wird ein Tropfen meines Bluts
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Doch im Sprüchlein leben:
39 
Edlen Wein hat er geschenkt
40 
Und ihn gern gegeben!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Mihi est propositum...“

Autor
Otto Ernst
Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
174
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht stammt von dem deutschen Schriftsteller Otto Ernst und wurde wahrscheinlich im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert verfasst. Beim ersten Lesen hinterlässt das Gedicht den Eindruck von Geselligkeit, Gastfreundschaft und Genuss, verbunden mit einem leicht melancholischen Unterton, der sich vor allem gegen Ende des Gedichts verstärkt.

Inhaltlich ist das Gedicht geprägt durch die Wechselwirkung zwischen Gastgeber und Gästen, symbolisiert durch die wiederholte Gabe von edlem Wein. Dabei stellt das lyrische Ich die großzügige Gastfreundschaft in den Mittelpunkt: Es möchte seine Gäste mit dem Besten aus seinem Keller bewirten und erfreut sich daran, wenn diese den Wein genießen und sich in Entzückung versetzen lassen. Es betont die eigene Großzügigkeit und die Freude am Schenken, aber auch die Erwartung der Dankbarkeit und Anerkennung der Gäste. Gegen Ende wirkt das Gedicht melancholisch, denn das lyrische Ich denkt über den Tod nach und lässt anklingen, dass es in Erinnerungen oder im guten Ruf bei seinen Gästen weiterleben wird.

Formal gesehen ist das Gedicht in fünf Oktaven mit jeweils acht Versen gegliedert. Jede Strophe endet mit dem Refrain „Edlen Wein hat er geschenkt und ihn gern gegeben“, was dem Gedicht einen besonderen Rhythmus gibt. Durch die verwendete symbolische Sprache („edler Wein“, „Tafelfreunde“, „sprüchlein leben“, ...), verleiht der Autor dem Gedicht eine gewisse formale Elastizität und Tiefe. Es finden sich einzelne Reime (etwa Schweben und gegeben, Tun und tun, Schelten und Vergelten) und Alliterationen(einige Beispiele sind „wonnig lacht“,„deutscher Wein“,„näher nur und näher“) was ebenfalls zur rhythmischen Struktur beiträgt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Otto Ernst in seinem Gedicht „Mihi est propositum“ ein Bild von Geselligkeit und Gastfreundschaft zeichnet und die Freude am Genuss und Schenken betont. Gleichzeitig setzt er sich mit Themen wie Vergänglichkeit, Erinnerung und dem Streben nach Ruhm und Anerkennung auseinander.

Weitere Informationen

Otto Ernst ist der Autor des Gedichtes „Mihi est propositum...“. 1862 wurde Ernst in Ottensen bei Hamburg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1907 zurück. Leipzig ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 174 Worte. Die Gedichte „Blühendes Glück“, „Chidhr“ und „Das Gesicht der Wahrheit“ sind weitere Werke des Autors Otto Ernst. Zum Autor des Gedichtes „Mihi est propositum...“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 64 Gedichte vor.

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