Mensch sein von Erich Mühsam

Trotz allem Mensch sein. Mensch bei allem bleiben
und seinen Menschen nicht verkümmern lassen,
wenn selbst die Sterne schon in Dunst verblassen,
geängstigt von dem Spuk, den Menschen treiben.
 
Mensch sein heißt nicht duldsam verweiben.
Mensch sein erlaubt, befiehlt, den Feind zu hassen.
Mensch sein heißt Unrecht bei der Gurgel fassen
und es mit jedem Keim zu Staub zerreiben.
 
Trotz allem Mensch sein, wär’s auch mit dem Messer!
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Doch dem, der Menschen tötet, sei verkündigt:
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Vergossnes Blut fließt durch Gewissenssiebe.
 
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War vor der Bluttat deine Seele besser,
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so hast du dich am Menschentum versündigt.
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Rein bleibt der Mensch, der Blut vergießt aus Liebe.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Mensch sein“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Mensch sein“ wurde von Erich Mühsam verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Anarchisten, der von 1878 bis 1934 lebte. Er ist für seine kritische Betrachtung der Gesellschaft und insbesondere seiner Verachtung für Tyrannie bekannt. Das Gedicht lässt sich daher vermutlich in die Zeit des aufkommenden Faschismus in Deutschland, also etwa in die frühen 1930er Jahre, zeitlich einordnen.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht kämpferisch und trotzdem eindringlich. Es betont die Wichtigkeit und Verantwortung des Menschseins und ermahnt dazu, diese Rolle mit Respekt und Integrität zu bewahren.

Inhaltlich dreht sich das Gedicht um die Idee des Menschseins und was es bedeutet, Mensch zu sein. Die wiederholte Betonung des Phrasen „Mensch sein“ durch das lyrische Ich deutet auf eine dringende Forderung oder einen Appell hin. Das lyrische Ich bespricht verschiedene Aspekte des Menschseins, von der Aufrechterhaltung der Menschlichkeit in Zeiten der Unruhe (Strophe 1) über das notwendige Bekenntnis gegen Ungerechtigkeit und Feindseligkeit (Strophe 2) bis hin zu moralischen Überlegungen über Gewalt und Schuld (Strophen 3 und 4).

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen mit unterschiedlicher Länge. Die aus vier Versen bestehenden ersten beiden Strophen werden durch drei Versen in den letzten beiden Strophen abgelöst. Der Versbau ist frei, ein Reimschema oder feste Metrik ist nicht erkennbar, was die Eindringlichkeit und Ernsthaftigkeit der Botschaft betont.

Die Sprache des Gedichts ist knapp und unverschnörkelt, jedoch mit starken Bildern. Sie vermittelt eine Atmosphäre von Dringlichkeit und Empörung. Der Ausdruck „Mensch sein“ wird wiederholt, was diese Forderung unterstreicht. Die Wortwahl, etwa „Spuk“, „Feind hassen“, „mit dem Messer“, „Bluttat“, zeigt die dunkle Seite der menschlichen Existenz und drückt einen gewissen Pessimismus aus. Gleichzeitig enthält es aber auch Worte wie „duldsam“, „Liebe“, die ein Gleichgewicht herstellen und möglicherweise Hoffnung auf bessere Menschlichkeit darstellen.

Insgesamt ist das Gedicht von Erich Mühsam eine kritische Auseinandersetzung mit dem Wesen des Menschen und der Gesellschaft. Es reflektiert die moralischen Konflikte des Menschseins, insbesondere in Zeiten großer gesellschaftlicher Unruhe und Herausforderung, und fordert die Leser auf, den besten Aspekten unserer Menschlichkeit - Liebe, Mut und Mitgefühl - treu zu bleiben und gegen Ungerechtigkeit und Gewalt einzustehen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Mensch sein“ des Autors Erich Mühsam. 1878 wurde Mühsam in Berlin geboren. 1920 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in München. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Expressionismus zuordnen. Mühsam ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 104 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Die Gedichte „An die Soldaten“, „Barbaren“ und „Bauchweh“ sind weitere Werke des Autors Erich Mühsam. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Mensch sein“ weitere 57 Gedichte vor.

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