Meine Lieder von Louise Otto-Peters
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Als Kind schon nahm die Leier ich zu Handen – |
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Denn früh verlernte ich der Kindheit Spiele; |
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Ich träumte nur in stillen Dichterlanden |
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Entrückt der Schwestern lärmendem Gewühle. |
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Ob auch mein Lied verstimmt und schrill geklungen |
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Gleich einer Glocke, die entzwei gesprungen, |
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Dumpfdröhnend nur und unharmonisch läutet: |
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Ich wußt es doch was Dichterlust bedeutet! |
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Ich sang von Schmetterlingen und von Sternen, |
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Sang meinen Teuern, die im Jenseit wallen, |
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Ich sang von Gott und heilgen Himmelsfernen, |
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Bald auch von Rosen und von Nachtigallen, |
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Von Nachtigallen, denn im Liebeshaine |
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Fühlt ich der Liebe Wonne als die meine – |
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Fühlt ich ein neues Wesen mich geworden – |
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Da – ha! ein Schlag – ich stand an Grabespforten. |
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Sie gähnten weit und schlossen dann sich wieder – |
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Ich blieb zurück auf thränenfeuchter Erde, |
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Um mich verdorrte Kränze, Klagelieder, |
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In mir ein Feuer, das am Herzen zehrte! – |
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Was sing ich nun? – soll ich in eitlen Klagen, |
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Der kalten Welt von heißen Schmerzen sagen? |
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Soll ich um Mitleid singend betteln gehen? |
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Soll feig den Tod ich um Erlösung flehen? – |
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O Eines, Eines hab ich mir gerettet, |
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Es ist der Stolz, der mit dem Schicksal ringet, |
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Der sich wohl auch auf einem Grabe bettet, |
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Und doch im Leide festen Mut erzwinget. |
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O der weiß nichts von starren Ohnmachtskrämpfen |
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Er wagts noch um das höchste Gut zu kämpfen |
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Auf denn zum Lied! als Schwert solls Euch begegnen |
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Es ist gefeit zum Rächen und zum Segnen. |
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Das Lied der Freiheit ist mir noch geblieben – |
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Ich will es kühn vor ihren Feinden singen; |
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Es soll mit Jubeln und mit heilgen Lieben |
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Zu ihnen und des Volkes Freunden dringen. |
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Sie können höhnen mich und schweigen heißen, |
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Die Lieb zur Freiheit nimmer mir entreißen. |
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In solchem Kampfe fühl ich mich gefunden: |
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Der Streit der Freiheit heilt der Liebe Wunden. |
Details zum Gedicht „Meine Lieder“
Louise Otto-Peters
5
40
291
1840-1850
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Meine Lieder“ wurde von Louise Otto-Peters verfasst, einer deutschen Schriftstellerin und Frauenrechtlerin, die von 1819 bis 1895 lebte. Ihre aktive Rolle in der sozialen und politischen Diskussion ihrer Zeit verleiht dem Gedicht eine mögliche historische und politische Kontextualisierung.
Ein erster Eindruck des Gedichts zeigt eine starke, emotional geladene Proklamation des lyrischen Ichs, das über seine kreative Entwicklung, Schmerzen und letztendlich über seine Leidenschaft und sein Engagement für die Freiheit spricht.
Der Inhalt des Gedichts folgt einer Progression. In der ersten Strophe werden Details zur Kindheit des lyrischen Ichs gegeben - es betont, dass es früh begann, Gedichte zu schreiben und sich von den konventionellen Kinderspielen entfernte. Obwohl ihre Fähigkeiten zu Anfang als „verstimmt und schrill“ beschrieben werden, hat das lyrische Ich dennoch früh die Freude am Dichten erkannt. In der zweiten Strophe werden die Themen diskutiert, über die es schrieb, darunter Liebe, Verlust und spirituelle Themen. In der dritten Strophe erlebt das lyrische Ich einen tiefen Verlust, der ein inneres Feuer entstehen lässt und das lyrische Ich zu existenziellen Fragen bringt. Die vierte und fünfte Strophe zeigen eine entschlossene Widerstandshaltung gegenüber dem Schicksal und der Gesellschaft. Das lyrische Ich schwingt sich zum Kampf auf, wobei es sein Lied als Schwert nutzt, das sowohl rächt als auch segnet. Das endgültige Element des Gedichts ist die Freiheit, das Gedicht wird als Mittel zur Verteidigung und Verbreitung der Freiheitsideale dargestellt.
Ein einzigartiger Aspekt des Gedichts ist Otto-Peters' sorgfältige Anwendung der Form und Sprache. Die Strophen sind gleichmäßig verteilt mit je acht Versen und folgen einem klaren Rhythmus und Reimschema, was eine feste Struktur und Kontrolle über das Medium hervorhebt. Die Sprache variiert zwischen bildhaften Beschreibungen und direkter Anreden, was dem Text eine persönliche, emotionale Beimischung verleiht. Bemerkenswert ist der Gebrauch des Leidens und des Kampfes als wiederkehrende Motive, die sowohl eine tiefe persönliche Erfahrung widerspiegeln als auch Ausdruck des Kampfes um soziale Gerechtigkeit und Freiheit sind.
Insgesamt zeigt Otto-Peters' Gedicht sowohl persönliche als auch politische Elemente auf und hebt die Macht des Wortes und die Rolle der Künstlerin als Kriegerin für die Freiheit hervor, was an ihre Rolle als Frauenrechtlerin erinnert.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Meine Lieder“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Otto-Peters. Im Jahr 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. 1850 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Realismus zuordnen. Vor Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und daher anfällig für Fehler. Das 291 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 40 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Weitere Werke der Dichterin Louise Otto-Peters sind „Am längsten Tage“, „An Alfred Meißner“ und „An August Peters“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Meine Lieder“ weitere 106 Gedichte vor.
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Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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