Meine Gräber von Theodor Fontane

Kein Erbbegräbniß mich stolz erfreut,
Meine Gräber liegen weit zerstreut,
Weit zerstreut über Stadt und Land,
Aber all in märkischem Sand.
 
Verfallene Hügel, die Schwalben ziehn,
Vorüber schlängelt sich der Rhin,
Ueber weiße Steine, zerbröckelt all’,
Blickt der alte Ruppiner Wall,
Die Buchen stehn, die Eichen rauschen,
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Die Gräberbüsche Zwiesprach tauschen,
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Und Haferfelder weit auf und ab, –
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Da ist meiner Mutter Grab.
 
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Und ein andrer Platz, dem verbunden ich bin:
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Berglehnen, die Oder fließt dran hin,
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Zieht vorüber in trägem Lauf,
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Gelbe Mummeln schwimmen darauf.
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Am Ufer Werft und Schilf und Rohr
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Und am Abhange schimmern Kreuze hervor,
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Auf eines fällt heller Sonnenschein, –
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Da hat mein Vater seinen Stein.
 
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Der Dritte, seines Todes froh,
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Liegt auf dem weiten Teltow-Plateau,
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Dächer von Ziegel, Dächer von Schiefer,
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Dann und wann eine Krüppelkiefer,
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Ein stiller Graben die Wasserscheide,
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Birken hier und da eine Weide,
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Zuletzt eine Pappel am Horizont, –
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Im Abendstrahle sie sich sonnt.
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Auf den Gräbern Blumen und Aschenkrüge,
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Vorüber in Ferne rasseln die Züge,
31 
Still bleibt das Grab und der Schläfer drin, –
32 
Der Wind, der Wind geht drüber hin.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.1 KB)

Details zum Gedicht „Meine Gräber“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
178
Entstehungsjahr
1895
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Meine Gräber“ wurde von dem deutschen Schriftsteller und Dichter Theodor Fontane verfasst, der im 19. Jahrhundert lebte und arbeitete. Es fällt in die Epoche des Realismus, in der die Darstellung der Realität hervorhebt wurde.

Bei der ersten Lektüre fallen die detaillierten und bildhaften Beschreibungen von Landschaften auf, die Verweise auf Tod und Vergänglichkeit scheinen eine melancholische Stimmung zu erzeugen.

Inhaltlich handelt das lyrische Ich über eine Reihe von Gräbern, die ihm wichtig sind und die über verschiedene Orte verstreut sind. Die Gräber sind sichtbar nicht prunkvoll, sondern eher schlicht und naturnah. Sie scheinen Personen zu gehören, die dem lyrischen Ich nahestanden, unter anderem wird explizit Bezug auf das Grab der Mutter und des Vaters genommen. Die genaue Beschreibung der Umgebung jedes Grabes lässt vermuten, dass der Ort der Bestattung für das lyrische Ich eine besondere Bedeutung hat.

Die Form des Gedichtes ist in vier Strophen unterteilt, welche variierende Längen haben, von vier bis zu zwölf Versen. Auffällig ist, dass die Strophen in der Länge variieren, was die Dynamik und den Rhythmus des Gedichts beeinflusst. In sprachlicher Hinsicht verwendet Fontane eine klare und verständliche Sprache. Insbesondere durch den Einsatz von naturbezogenen Begriffen, wie „Buchen“, „Eichen“, „Haferfelder“, „Mummeln“, „Birken“ oder „Pappel“, schafft er lebendige und anschauliche Szenen. Die wiederholte Verwendung des Wortes „weit“ und die detaillierte Beschreibung von Landschaften schaffen ein Gefühl von Raum und Distanz. Dies kann als Verstärkung des Themas der Trennung und des Verlusts gesehen werden.

Abschließend lässt sich sagen, dass Fontane in „Meine Gräber“ auf subtile und dennoch eindringliche Weise die Themen Tod, Verlust und Erinnerung verarbeitet. Durch die detaillierte und bildhafte Sprache schafft er eine starke Verbindung zwischen den Gräbern und der umgebenden Landschaft, die sowohl als Spiegel der Vergänglichkeit als auch als Symbol der Beständigkeit und des Trostes interpretiert werden kann.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Meine Gräber“ des Autors Theodor Fontane. 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. Im Jahr 1895 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Stuttgart und Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Realismus zugeordnet werden. Bei Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 178 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Weitere Werke des Dichters Theodor Fontane sind „An Marie“, „An meinem Fünfundsiebzigsten“ und „Auf der Treppe von Sanssouci“. Zum Autor des Gedichtes „Meine Gräber“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.

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