An die Schriftstellerinnen von Susanne von Bandemer

Die ihr, zur Liebe nur geboren,
Die süße Kunst, zu reizen wißt,
Euch zürnet Amor, wenn verloren
Durch Reimerey die Nacht euch ist;
Wie? Mit dem Gott so schön verbunden,
Entflöht ihr treulos Cypris Hain?
Und wolltet eurer Nächte Stunden
Nur Pallas finstrer Eule weihn?
 
Begnügt euch mit den schönern Siegen,
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Die unser Herz euch nicht erschwert.
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Mehr ist ein Augenblick Vergnügen,
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Als aller Ruhm der Nachwelt werth.
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Die Rose, die im Blüthenschimmer
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Kaum eines Tages Sonne lebt,
 
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Beneidet ja die Eiche nimmer,
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Die ihre Stirn zu Wolken hebt.
 
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Seht ihr, daß Cythereens Taube
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Nach Herrschaft in den Lüften ringt,
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Des Donnrers Adler nach, zum Raube
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Der Blitze, die er trägt, sich schwingt?
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Laßt uns des Pindus Höhn, und sieget
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Gleich Paphos schöner Königinn,
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In süßen Tönen überflieget
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Doch Wieland Lesbos Sängerinn.
 
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Nur von Αροllο’s hohen Söhnen
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Wird des Parnasses Roß gelenkt;
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Es zähmet nicht die Hand der Schönen.
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Die kühn es zu regieren denkt.
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Die sanften Grazien entweichen
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Dem Mädchen, das aus Kant’en spricht.
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Drum wollet ihr den Musen gleichen:
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Begeistert – aber schreibet nicht!
 
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F. v. K.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „An die Schriftstellerinnen“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
33
Anzahl Wörter
180
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An die Schriftstellerinnen“ wurde von Susanne von Bandemer verfasst, einer gebürtigen Preußin aus dem 18. Jahrhundert, die zur Zeit der Aufklärung und zu Beginn der Romantik lebte.

Bei der ersten Lektüre fällt auf, dass das Gedicht weibliche Schriftsteller anspricht und diese in einer fast tadelnden Art dazu auffordert, sich auf andere Aspekte des Daseins zu konzentrieren, anstatt Zeit mit dem Schreiben zu verbringen. Von Bandemer verwendet dabei ein reiches Netzwerk an klassischen Anspielungen und symbolischen Bildern.

Inhaltlich betrachtet behauptet das lyrische Ich, dass weibliche Schriftsteller, die ihr Talent für das Schreiben anstatt für die Liebe nutzen, den Zorn des Amor provozieren. Es schlägt vor, dass sie ihre Zeit besser damit verbringen sollten, die Freuden der Liebe und der Schönheit zu genießen, anstatt den Ruhm und die Anerkennung anzustreben, die mit literarischem Erfolg einhergeht. Es stellt die Schriftstellerei und die Wissenschaft als männliche Domänen dar, die Frauen nur ihren weiblichen Reizen berauben.

Die Form des Gedichts besteht aus sechs Strophen unterschiedlicher Länge, wobei achtsilbige Reime in einer traditionellen, fast altmodischen Weise verwendet werden. Die Sprache ist mit klassischen Bezugnahmen durchsetzt und das Gedicht bezieht sich auf antike Gottheiten wie Amor, Pallas und Apollo und verwendet Metaphern aus der Natur, um den Unterschied zwischen weiblicher Schönheit und männlicher Stärke zu unterstreichen.

Die Sprache und die Form des Gedichts tragen zur Übermittlung der Botschaft bei, indem sie einen erhöhten und formalen Ton setzen, der die traditionelle Auffassung von Geschlechterrollen in Frage stellt. Es scheint, dass von Bandemer sowohl die Gleichstellung der Geschlechter als auch die traditionellen Rollen von Frauen und Männern in der Gesellschaft kritisiert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „An die Schriftstellerinnen“ ein einzigartiges Produkt seiner Zeit darstellt, das die Position von Frauen in der Gesellschaft und die Rolle, die sie in der Literatur spielen sollten, hinterfragt.

Weitere Informationen

Die Autorin des Gedichtes „An die Schriftstellerinnen“ ist Susanne von Bandemer. Im Jahr 1751 wurde Bandemer in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1802 zurück. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 180 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 33 Versen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Susanne von Bandemer sind „Abschied an Selmar“, „Am Sarkophage der Frau Anne Luise Karschinn, geborne Dürbach“ und „An * * * bey der Übersendung einer Haarlocke“. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „An die Schriftstellerinnen“ weitere 86 Gedichte vor.

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