Meergruß von Heinrich Heine
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Thalatta! Thalatta! |
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Sey mir gegrüßt, du ewiges Meer! |
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Sey mir gegrüßt zehntausendmal |
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Aus jauchzendem Herzen |
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Wie einst dich begrüßten |
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Zehntausend Griechenherzen, |
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Unglückbekämpfende, heimathverlangende, |
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Weltberühmte Griechenherzen. |
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Es wogten die Fluthen, |
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Sie wogten und brausten, |
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Die Sonne goß eilig herunter |
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Die spielenden Rosenlichter, |
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Die aufgescheuchten Mövenzüge |
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Flatterten fort, lautschreiend, |
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Es stampften die Rosse, es klirrten die Schilde, |
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Und weithin erscholl es, wie Siegesruf: |
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Thalatta! Thalatta! |
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Sey mir gegrüßt, du ewiges Meer, |
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Wie Sprache der Heimath rauscht mir dein Wasser, |
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Wie Träume der Kindheit seh’ ich es flimmern |
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Auf deinem wogenden Wellengebiet, |
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Und alte Erinn’rung erzählt mir auf’s neue, |
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Von all dem lieben, herrlichen Spielzeug, |
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Von all den blinkenden Weihnachtsgaben, |
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Von all den rothen Corallenbäumen, |
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Goldfischchen, Perlen und bunten Muscheln, |
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Die du geheimnißvoll bewahrest |
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Dort unten im klaren Kristallhaus. |
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O! wie hab’ ich geschmachtet in öder Fremde! |
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Gleich einer welken Blume |
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In des Botanikers blecherner Kapsel, |
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Lag mir das Herz in der Brust; |
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Mir ist, als saß ich winterlange, |
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Ein Kranker, in dunkler Krankenstube, |
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Und nun verlaß ich sie plötzlich, |
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Und blendend strahlt mir entgegen |
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Der schmaragdne Frühling, der sonnengeweckte, |
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Und es rauschen die weißen Blüthenbäume, |
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Und die jungen Blumen schauen mich an, |
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Mit bunten, duftenden Augen, |
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Und es duftet und summt, und athmet und lacht, |
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Und im blauen Himmel singen die Vöglein – |
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Thalatta! Thalatta! |
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Du tapferes Rückzugherz! |
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Wie oft, wie bitteroft |
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Bedrängten dich des Nordens Barbarinnen! |
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Aus großen, siegenden Augen |
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Schossen sie brennende Pfeile; |
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Mit krummgeschliffenen Worten |
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Drohten sie mir die Brust zu spalten, |
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Mit Keilschriftbillets zerschlugen sie mir |
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Das arme, betäubte Gehirn – |
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Vergebens hielt ich den Schild entgegen, |
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Die Pfeile zischten, die Hiebe krachten, |
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Und von des Nordens Barbarinnen |
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Ward ich gedrängt bis an’s Meer, |
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Und freiaufathmend begrüß’ ich das Meer, |
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Das liebe, rettende Meer, |
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Thalatta! Thalatta! |
Details zum Gedicht „Meergruß“
Heinrich Heine
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1825–1826
Junges Deutschland & Vormärz
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Meergruß“ wurde von Heinrich Heine, einem der bedeutendsten deutschen Dichter des 19. Jahrhunderts, verfasst. Damit lässt sich das Gedicht in der Epoche des Vormärz und der Romantik einordnen, da Heine zu diesen Zeiten schrieb.
Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht lebhaft und emotional. Der stimmungsvolle Einsatz von Sprache und bildlicher Darstellung erzeugt eine starke Präsenz des Meeres und schafft einen fesselnden Kontrast zwischen der Freiheit des Meeres und der erdrückenden Erfahrung der Enge und Fremdheit, die das lyrische Ich durchlebt hat.
Das Gedicht beginnt und endet mit dem griechischen Ruf „Thalatta! Thalatta!“, was „das Meer! das Meer!“ bedeutet. Dieser Schlachtruf der antiken Griechen symbolisiert Hoffnung und Siegeszuversicht. Es spiegelt die überwältigende Freude des lyrischen Ichs wider, wieder in Sicht des Meeres zu sein, was ihm Heimat, Freiheit und Erneuerung bedeutet. Inmitten von Anspielungen an Schlachtszenen, Naturerlebnisse und persönliche Erinnerungen an seine Kindheit, drückt das lyrische Ich seine Sehnsucht nach dem Meer und seiner Abneigung gegen die erdrückende Erfahrung der „öden Fremde“ aus. Es stellt das Meer als rettendes und Heimweh linderndes Element dar – im Gegensatz zur bedrückenden Erfahrung des Nordens, dessen „Barbarinnen“ ihm Leid zugefügt haben.
Die Form des Gedichts ist recht uneinheitlich, da die Strophen hinsichtlich der Anzahl der Verse variieren. Dies kann als Ausdruck der emotionalen Aufruhr und Bewegtheit des lyrischen Ichs verstanden werden. Sprachlich zeichnet sich das Gedicht durch den kraftvollen und oft dramatischen Sprachgebrauch aus, mit lebhaftem Wortlaut und bildhaften Metaphern. Die Sprache erzeugt starke Bilder und Emotionen, was dem Leser ermöglicht, die tiefen Empfindungen des lyrischen Ichs zu erleben.
Zusammengefasst zeigt Heines Gedicht „Meergruß“ die innige Verbindung und tiefe Sehnsucht des lyrischen Ichs zum Meer, und illustriert zugleich den Konflikt zwischen Freiheit und Fremdheit, Heimweh und Hoffnung.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Meergruß“ des Autors Heinrich Heine. Heine wurde im Jahr 1797 in Düsseldorf geboren. 1826 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Hamburg. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Junges Deutschland & Vormärz zugeordnet werden. Heine ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 59 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 289 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Heinrich Heine sind „Ach, wenn ich nur der Schemel wär’“, „Ahnung“ und „Allnächtlich im Traume seh’ ich dich“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Meergruß“ weitere 535 Gedichte vor.
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