Mathilde von Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer

Was regt sich leis’ im Herzen?
Was macht mich roth und blaß?
Was quält mit tiefen Schmerzen
Die Seel’ ohn’ Unterlaß?
Heischt Liebe diese Thränen?
Schwellt ihr Gebot die Brust?
Und träumt geheimes Sehnen
Von nie gefühlter Lust?
 
Ach! meine Seufzer tragen
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So stolze Wünsche nicht!
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Ich lernte früh entsagen,
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Und kenne meine Pflicht.
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Seit ich den Schwur geschworen,
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Der am Altar mich band,
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Gieng all mein Glück verloren,
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Doch meine Treu bestand.
 
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Dem ich mein Wort gegeben,
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Des Eigenthum ich bin,
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Dem bring ich auch mein Leben,
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Und mich zum Opfer hin.
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Ihn weihte Muttersegen
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Zu meinem Gatten ein,
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Ihm ging ich fromm entgegen,
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Und ewig bin ich sein.
 
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Was ihm das Recht erworben,
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Verdankt er’s dem Geschick?
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Bin ich der Welt gestorben
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Zu seiner Tage Glück?
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Wird irgendwo ein Kummer
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Von ihm durch mich verscheucht?
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Und findet er den Schlummer
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In meinen Armen leicht?
 
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Das regt sich leis’ im Herzen,
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Das macht mich roth und blaß,
 
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Das quält mit tiefen Schmerzen
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Die Seel’ ohn’ Unterlaß.
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Der Zweifel giebt mir Thränen,
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Er engt mir meine Brust;
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Verzeihlich ist das Sehnen
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Nach meiner Unschuld Lust.
 
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Einst glaubt’ ich schöner Sage,
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Im Himmel leb’ ein Gott,
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Der höre stille Klage;
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Den Menschen ists ein Spott.
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Die mögen Trost zertreten,
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Die mir nicht Brüder sind;
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Doch ich will ahndend beten:
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Gott segne Mann und Kind!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „Mathilde“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
224
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Das analysierte Gedicht „Mathilde“ wurde von Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer verfasst. Geboren wurde Meyer am 26. Januar 1758 und sein Todesdatum lässt sich auf den 1. September 1840 festsetzen, was bedeutet, dass Meyer im Zeitalter der Aufklärung und des Sturm und Drang agierte, gut möglich also, dass das Gedicht in dieser Zeit entstanden ist.

Das Gedicht erweckt zunächst den Eindruck von innerer Zerrissenheit und Sehnsucht. Es handelt von einer starken emotionalen Unruhe und einem tiefgründigen Konflikt, den das lyrische Ich durchlebt. Sie scheint in einem Zustand permanenter Anspannung und Unsicherheit verhaftet, der von starken inner- und außenweltlichen Einflüssen angetrieben wird.

Der Inhalt des Gedichts spiegelt diese emotionalen Unruhen wieder. Das lyrische Ich spricht von einer unaufhörlichen inneren Bewegung, die es rot und blass werden lässt und das Herz in ständiger Sorge hält. Verantwortlich für diese Unruhe scheint die Liebe zu sein, oder besser, die Sehnsucht nach ihr. Es handelt sich dabei um eine unerfüllte, vergebliche Liebe, die das lyrische Ich trotz der Geißelung, die sie verursacht, nicht aufgeben kann. Es beschreibt seine Hingabe zu einer nicht näher benannten Person, an die es gebunden ist. Es stellt sowohl diese Person als auch ihre eigene Treue in den Mittelpunkt.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts, ist es in recht uniforme Strophen gegliedert, mit jeweils acht Versen pro Strophe, abgesehen von der fünften und sechsten Strophe, die je nur zwei bzw. sechs Verse enthalten. Die Sprache ist gekennzeichnet durch eine archaische Wortwahl („Thränen“, „ohn'“, „giebt“), die zur damaligen Zeit typisch war. Es sind auch Wiederholungen bemerkbar, die zur Verstärkung der Emotionen und der Handlung dienen. Beispielhaft hierfür sind die wiederkehrenden Fragen und die wiederholten Anspielungen auf das Herz und die Seele, die die inneren Qualen des lyrischen Ichs verdeutlichen.

Die Hauptaussage des Gedichts scheint die des unausweichlichen Konfliktes und der Zerrissenheit zu sein, die der gesellschaftliche Druck und die eigenen Gefühle beim lyrischen Ich verursachen. Trotz alledem bleibt das lyrische Ich fest entschlossen und treu und hält an seiner Liebe und seinem Versprechen fest, ungeachtet der persönlichen Opfer, die sie dafür bringen muss. Das Gedicht endet mit der Erkenntnis, dass das Sehnen nach der unschuldigen Lust entschuldbar ist und einem Wunsch nach Segen für den Mann und das Kind. Dies lässt Raum für Interpretationen, ob das lyrische Ich letztendlich Frieden mit ihrer Situation findet oder weiterhin gekennzeichnet von Zweifeln und Unruhen bleibt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Mathilde“ des Autors Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer. Im Jahr 1758 wurde Meyer in Harburg geboren. 1796 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Neustrelitz. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 224 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Der Dichter Friedrich Ludwig Wilhelm Meyer ist auch der Autor für Gedichte wie „Königin Kobold“ und „Phantasie“. Zum Autor des Gedichtes „Mathilde“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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