Marschierende Krieger von Joachim Ringelnatz

Vor mir her schritt Infanterie,
Eine ganze Kompanie
Kräftiger Soldaten.
Stramm im Takte traten
Sie den Sand,
Schritten achtlos über einen
Kleinen Käfer, den ich fand.
 
Ich blieb stehen,
Um ihn zu besehen,
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Und weil’s hinter jenem Militär
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Stark nach Schweiß und Leder roch.
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Da: – Der Käfer kroch
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Plötzlich fort, als ob er lebend wär.
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Doch ich konstatierte noch:
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Nur zwei Steinchen an zwei Seiten retteten –
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Gleichsam wie als Seitenwände – diesen –
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Gleichsam zwischen ihn eingebetteten –
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Käfer vorm Zertrampeltwerden durch die Riesen.
 
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Große Riesen – kleine Tiere –
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Und ich lief, die Wandersohlen,
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Die so stanken, einzuholen,
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Weil ich gar zu gern im Takt marschiere.
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Und ich hustete und spuckte
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Staub und mußte viermal niesen.
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Und ich schluckte. Und ich duckte
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Mich vor Felsenwänden und vor Riesen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Marschierende Krieger“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
26
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Marschierende Krieger“ stammt von dem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte. Ringelnatz ist ein Vertreter der literarischen Moderne, genauer der Weimarer Republik.

Beim ersten Betrachten und Lesen des Gedichts fällt auf, dass es die Beobachtung und das Nachdenken über einen gewöhnlichen Käfer nutzt, um tiefere Überlegungen über Krieg, Macht, Gewalt und das Leben nicht nur des Käfers, sondern auch des lyrischen Ichs anzustellen.

Das Gedicht erzählt von einer Gruppe marschierender Soldaten, die vor dem lyrischen Ich vorangehen. Ein kleiner Käfer im Sand wird von den Soldaten achtlos übertreten, woraufhin das lyrische Ich anhält und den Käfer genauer betrachtet. Es bemerkt, dass der Käfer durch einen Zufall, die beiden Steinchen an seiner Seite, unversehrt bleibt. Das Lyrische Ich schließt sich wieder der Gruppe marschierender Soldaten an, obwohl es den Geruch ihrer Schweiß und Leder riechen kann und der Staub sie zum Husten, Spucken und Niesen bringt.

Auf symbolischer Ebene scheint der Käfer auf das lyrische Ich zu verweisen, das sich klein und unscheinbar neben der mächtigen Infanterie fühlt. Die Achtlosigkeit der Soldaten gegenüber der kleineren, schwächeren Kreatur kritisiert stellvertretend die Ignoranz und Rücksichtslosigkeit von Macht und Gewalt.

Formal gesehen ist das Gedicht in freie Verse geschrieben, ohne festes Metrum oder Reimschema, was typisch für die moderne Lyrik ist. Die Sprache des Gedichts ist einfach und alltäglich, was einen starken Kontrast zu den schweren Themen und der symbolischen Komplexität des Gedichts bildet.

Insgesamt zeigt das Gedicht „Marschierende Krieger“ den alltäglichen Moment einer Gruppe marschierender Soldaten aus der Perspektive eines Beobachters - und nutzt diesen Moment, um tiefergehende Fragen über die Natur von Macht, Gewalt und Überleben in der Welt zu stellen. Es ist ein eindrucksvolles Beispiel für die Fähigkeit der Lyrik, alltägliche Beobachtungen in tiefgehende philosophische und moralische Überlegungen zu verwandeln.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Marschierende Krieger“ des Autors Joachim Ringelnatz. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Im Jahr 1928 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 125 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 26 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschiedsworte an Pellka“, „Afrikanisches Duell“ und „Alone“. Zum Autor des Gedichtes „Marschierende Krieger“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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