Manila von Joachim Ringelnatz

Als ein altes Tau durch derbe,
Doch verständniswarme Hände glitt,
Sagte eine Stimme: „Bob, ich sterbe,
Ehe Land in Sicht. Und du stirbst mit.“
 
Noch bevor die Stimme Antwort kriegte,
Kämpfte sie: Vollschiff gegen Orkan.
Hatten oft gekämpft, bis einer siegte.
Und das andre war dann abgetan.
 
Nur ein Treibstück wurde aufgefunden.
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Daran hingen kalt, erfroren, blau
11 
Zwei alte Matrosen, angebunden
12 
Mit einem alten Tau.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Manila“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
65
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Manila“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Aufgrund des Lebensdatums des Autors lässt sich das Gedicht zeitlich in die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts einordnen.

Schon beim ersten Lesen fällt die maritime Thematik des Gedichts auf, die für Ringelnatz typisch ist, da er früher selbst zur See gefahren ist. Der Titel „Manila“ könnte auf die Hauptstadt der Philippinen verweisen oder aber auf das robuste Seil aus Manila-Hanf, welches in der Seefahrt verwendet wird. Das genauere Erschließen der Bedeutung erfordert jedoch eine tiefere Analyse.

Inhaltlich behandelt das Gedicht das Schicksal zweier Matrosen, die in einem Sturm auf See ums Leben kommen. Sie sind an ein Tau gebunden, welches im Wasser gefunden wird. Es scheint, als ob die beiden Seeleute inmitten eines heftigen Kampfes gegen die Naturelemente gestorben sind, und dass sie sich bis zum Schluss Seite an Seite gegen ihre Schicksal wehrten.

Die Aussagen des lyrischen Ichs offenbaren eine düstere und tragische Atmosphäre. Es vermittelt die Unausweichlichkeit des Todes in einer gnadenlosen und gleichgültigen Natur. Auch wenn die Matrosen aneinander gebunden sind, symbolisiert dies nicht nur physische, sondern auch emotionale Verbindung und gegenseitige Unterstützung.

Formal betrachtet besteht das Gedicht aus drei vierzeiligen Strophen, die jeweils in sich abgeschlossen wirken, sich aber dennoch zu einem Gesamtbild zusammenfügen. Die Sprache ist schlicht und schnörkellos, ohne pompöse Metaphern oder ausgeschmückte Bilder, was die abgeklärte Grundstimmung des Gedichts unterstützt.

Die Wahl des Taus als zentralem Bild im Gedicht verleiht der Erzählung eine harte, realistische Note. Zudem spielt Ringelnatz mit der Doppelbedeutung des Wortes „Tau“. Einerseits steht es für das Seil, das die beiden Matrosen verbindet, andererseits bedeutet „Tau“ im Seemannsjargon auch „Stimme“. Dies verweist auf den Dialog der Matrosen und intensiviert ihre Bindung noch weiter.

Zusammenfassend stellt „Manila“ von Joachim Ringelnatz eine erschütternde Szene von Tod und Zusammenhalt auf hoher See dar. Durch seine eindringliche, unprätentiöse Sprache und das effektive Spiel mit Symbolik zieht es den Leser direkt in das Geschehen und hinterlässt einen starken Eindruck.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Manila“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1933 entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 65 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „...als eine Reihe von guten Tagen“, „7. August 1929“ und „Abendgebet einer erkälteten Negerin“. Zum Autor des Gedichtes „Manila“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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