Maler und Tierfreund von Joachim Ringelnatz

Ich hatte eine Landschaft in Öl gemalt,
Und sie gefiel mir sehr:
Ein blauer Himmel, aus dem die Sonne wie Wonne strahlt,
Und darunter weites, ruhiges, grünes Meer.
„Einsame Sehnsucht.“
 
Danach fuhr ich irgendwo hin,
Um einen kleinen Affen zu erwerben,
weil ich ein Tierfreund bin.
Aber was einem die Tiere nicht alles verderben.
 
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Wieder zu Haus, stieß ich aus einen Schrei,
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Denn mein Bild war verhext.
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Erstens hatte mein Papagei
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Etwas Groteskes ins Meer gekleckst
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Und das geradezu künstlerisch kühn.
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Aber das Wasser selber war abgeleckt
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Von meinem Wolfshund. Der lag vom Schweinfurter Grün
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Vergifet am Boden, verreckt.
 
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In den Himmel hatte sich eine Fliege geklebt,
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Und zwar mir dem Rücken.
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Die strampelte, wie man, wenn man Großes erlebt,
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Mit den Beinen strampelt vor lauter Entzücken.
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Und offenbar nicht minder beglückt
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In ihrer Nähe
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Hing auch mein Laubfrosch ans Bild angedrückt
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Und tat so, als ob er die Fliege nicht sähe.
 
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Da wollte mein Affe mit lautem Geschrei – – –
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Doch ich band ihn fest. Und lächelte dann.
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Wie gut, daß man bei der Ölmalerei
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Alles noch übermalen kann.
 
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Mit Phantasie das Gegebne fixiert –
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Genie und Farbe und Lichter dick aufgetragen –
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Schwarz, Weiß, Rot, Ocker mutig darübergeschmiert – – –
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Ein schönes Bild, muß ich selber sagen,
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„Mein Selbstporträt.“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Maler und Tierfreund“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
34
Anzahl Wörter
205
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der vorliegende Text ist das Gedicht „Maler und Tierfreund“ von Joachim Ringelnatz, einem bedeutenden Vertreter der literarischen Moderne in Deutschland. Ringelnatz wurde 1883 geboren und starb 1934, daher lässt sich das Gedicht in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts einordnen.

Der erste Eindruck des Gedichts ist humorvoll und surreal. Ringelnatz spielt auf ironische Weise mit den Schwierigkeiten des künstlerischen Schaffens und der Einbindung von Tieren in seinen Alltag.

Das Gedicht erzählt eine Geschichte: Das lyrische Ich beginnt mit der Malerei einer idyllischen Landschaft. Nach dem Erwerb eines Affen und der Rückkehr nach Hause entdeckt das lyrische Ich, dass seine Tiere - ein Papagei, ein Wolfshund und ein Laubfrosch - das Bild zerstört und verändert haben. Am Ende allerdings nutzt das lyrische Ich die Spuren der Tiere, um das Bild in ein Selbstporträt zu transformieren.

Das lyrische Ich offenbart hierbei eine ironische Haltung gegenüber den Tücken des Alltags und der Kunst. Es zeigt sich als Tierliebhaber, der die Verwüstungen seiner Tiere mit Humor und Kreativität meistert und sogar nutzt, um seine Kunst zu bereichern.

Das Gedicht besteht aus sechs Strophen mit unterschiedlicher Anzahl an Versen. Die unregelmäßige Struktur spiegelt den chaotischen Prozess wider, den das lyrische Ich durchläuft. Ringelnatz nutzt eine alltagssprachliche Ausdrucksweise, die durch ihre Einfachheit und Direktheit besticht. Er verwendet keine klassischen Reime, sondern setzt ausdrucksstarken Bildsprache und sinnlichen Details ein, um die Szenerie lebendig zu machen. Der Humor entsteht durch die Übertreibungen und die absurde Situation, in der sich das lyrische Ich befindet.

Insgesamt ist „Maler und Tierfreund“ ein humorvolles Gedicht, das die Grenzen zwischen Kunst und Alltag verwischt und das künstlerische Schaffen als einen ständigen, sich verändernden Prozess darstellt. Auch die Integration von Tieren in diesen Prozess ist ein ungewöhnlicher, aber interessanter Aspekt, der das Gedicht besonders macht. Ringelnatz zeigt hier auf ironische Weise die Herausforderungen, aber auch die Freuden des Lebens als Künstler und Tierliebhaber.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Maler und Tierfreund“ ist Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1928 zurück. Der Erscheinungsort ist Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 34 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 205 Worte. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „...als eine Reihe von guten Tagen“, „7. August 1929“ und „Abendgebet einer erkälteten Negerin“. Zum Autor des Gedichtes „Maler und Tierfreund“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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