Mailied von Friederike Brun

Wonne schwebet,
Lächelt überall;
Schwebt am lichtbegrünten Hügel,
Lächelt aus der Fluten Spiegel.
Wonne schwebet,
Lächelt überall!
 
Liebe waltet,
Wirket überall;
In des Haines kühlem Raume,
10 
In dem weissen Blütenbaume.
11 
Liebe waltet,
12 
Wirket überall!
 
13 
Unschuld wallet,
14 
Unsichtbar, doch nah’!
15 
Wallt auf hohem Buchenwipfel,
16 
Weilt im Nestchen unterm Gipfel.
17 
Unschuld wallet
18 
Unsichtbar, doch nah’!
 
19 
Freude tönet,
20 
Jauchzet fern und nah’!
21 
Auf dem dichtbeblümten Rasen
22 
Hüpfen Kindlein, Lämmer grasen.
23 
Freude tönet,
24 
Jauchzet fern und nah’!
 
25 
Auf! und windet
26 
Kränze, Mägdelein!
27 
Unschuld, Wonn’ und Liebe walten!
28 
Seht die Blümlein sich entfalten!
29 
Auf und windet
30 
Kränze, Mägdelein!
 
31 
Hüpfend schwinget
32 
Euch im Maientanz!
33 
Horch! der Kukuk, fern am Weiher,
34 
Ruft dem Sommer! Frühlingsfeier
35 
Währt – ach! währet
36 
Wie der Blütenkranz!
 
37 
Wehmut dämmert
38 
Tief im Blumenkelch!
39 
Seht sie in des Thaues Perlen!
40 
Hört sie klagen unter Erlen!
41 
Wehmut dämmert
42 
Tief im Blumenkelch!
 
43 
Töne leiser,
44 
Sanfter Freuden Chor!
45 
Geister schweben in den Lüften –
46 
Geister wallen mit den Düften –
47 
Töne leiser,
48 
Sanfter Freuden Chor!
 
49 
Frühling blühet
50 
Auf der Todtengruft!
51 
Nur dem Tod’ entkeimt das Leben.
52 
Seht die Schmetterlinge schweben!
53 
Hofnung waltet
54 
Ob der Todtengruft!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.9 KB)

Details zum Gedicht „Mailied“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
54
Anzahl Wörter
175
Entstehungsjahr
1795
Epoche
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mailied“ wurde von Friederike Brun verfasst, die von 1765 bis 1835 lebte. Dies lässt eine zeitliche Einordnung in die Epochen des Sturm und Drang, der Klassik und der Romantik zu, wobei das Gedicht in seiner naturverbundenen Thematik und sprachlichen Einfachheit am ehesten der Romantik zuzuordnen ist.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass jede der neun Strophen aus sechs Versen bestehen und einen jeweils anderen Begriff oder eine Idee in den Mittelpunkt stellen: Wonne, Liebe, Unschuld, Freude, das Winden von Kränzen, tanzen, Wehmut, leise tönen und Hoffnung.

Inhaltlich können jeweils die ersten beiden und die letzten beiden Verse einer Strophe als Refrain gesehen werden, da sie sich meistens wiederholen. Jede Strophe bringt also eine neue Stimmung oder Emotion ein, die auf die vorangegangene aufbaut und diese ergänzt oder kontrastiert. Es scheint, als ob das lyrische Ich einen Tag im Mai beschreibt, an dem es sich an der Schönheit und Lebensfreude der Natur erfreut. Die wiederkehrende Aufforderung, die Kränze zu winden und zu tanzen, deutet auf eine mögliche Volksfest-Atmosphäre hin.

Die Form des Gedichts ist klassisch mit regelmäßigen, gleich langen Strophen. Die Sprache ist eher einfach gehalten, was die volkstümlichen und naturnahen Aspekte des Gedichts unterstreicht. Es wird viel mit Naturbildern gearbeitet, um die Stimmungen und Emotionen zu illustrieren.

Ab der siebten Strophe kippt die Stimmung des Gedichts jedoch: Von der anfänglichen Freude und Unbeschwertheit geht es über zur Wehmut und Stille, um schließlich in der Betrachtung des Todes und der Hoffnung zu münden. Dieser Wechsel spiegelt möglicherweise die Flüchtigkeit und Endlichkeit des Lebens und der Schönheit der Natur wider, fasst aber gleichzeitig auch die romantische Idee zusammen, dass wahre Schönheit oft mit Traurigkeit und Vergänglichkeit einhergeht.

Alles in allem zeichnet sich „Mailied“ durch seinen eindringlichen Rhythmus, die bildhafte Sprache und den emotionalen Wechsel vom Frühling in den Tod aus. Es vermittelt dabei eine Botschaft von Lebensfreude, Bewunderung für die Natur, aber auch von Vergänglichkeit und Trauer.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Mailied“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Friederike Brun. 1765 wurde Brun in Gräfentonna geboren. 1795 ist das Gedicht entstanden. In Zürich ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her lässt sich das Gedicht der Epoche Klassik zuordnen. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das 175 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 54 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Friederike Brun ist auch die Autorin für das Gedicht „An meinen Mann auf der Reise“, „Bey Henriettens Grabe“ und „Bey Münters Grabe“. Zur Autorin des Gedichtes „Mailied“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 58 Gedichte vor.

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