Maientraum von Heinrich Kämpchen

Hier wohnt die Fei, es kann nicht anders sein,
Waldeinsamkeit, von der ich oft geträumet –
Am Bergeshang das mosige Gestein,
Es ist der Grenzwall, der ihr Reich umsäumet.
 
Hier lebt sie, fern der lauten Außenwelt,
Ein wunderbar geheimnisvolles Leben
Voll Glanz und Duft – das Dämmerdunkel hellt
Die Sonne nur, Goldfunken einzuweben.
 
Wie scheu das Brönnlein aus dem Felsen quillt,
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Wie ernst die dunklen Tannenbäume ragen,
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Von Flechtenbart und Ranken eingehüllt,
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Wie alle Stämme Runenzeichen tragen. –
 
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Hier ist der Ort, der stille Waldesdom,
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Den sie zum Aufenthalte sich erkoren,
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Hier lauscht der Elf ihr und der graue Gnom
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Im Wurzelwerke und Geklüft verloren.
 
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Die Sage, die von Merlin uns erzählt
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Und von dem Zauber, der ihn hält gebunden,
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Sie hat sich auch wohl solchen Ort erwählt,
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Wie ich ihn hier im Tannenwald gefunden.
 
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Kein Laut ringsum – es ist der Platz gefeit,
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Ob dem die Bäume ihre Kronen breiten,
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Und wenn im Dickicht fern ein Habicht schreit,
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So scheint’s an dieser Stelle abzugleiten.
 
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Hier will ich ruh’n – vielleicht daß sie mir nah,
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Daß ihre Luftgewänder mich berühren,
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Und daß, wie es zu Zeiten wohl geschah,
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Sie will den Dichter in das Traumland führen.
 
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O sei es drum – ich träume ja so gern
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Von Ländern, wo die Wunderpalmen stehen,
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Der Lotos blüht – mir aber ewig fern –
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Waldeinsamkeit, laß sie im Traum mich sehen. –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Maientraum“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
222
Entstehungsjahr
1909
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Maientraum“ stammt von Heinrich Kämpchen, einem deutschen Schriftsteller und Dichter, der zwischen 1847 und 1912 lebte. Das Gedicht fällt daher in die Epoche des Naturalismus, lässt allerdings auch romantische Einflüsse erkennen.

Auf den ersten Blick zieht das Gedicht den Leser in eine tiefe und geheimnisvolle Natur ein. Die idyllische und friedliche Darstellung weckt eine tiefe Sehnsucht und wirkt sehr entspannend und beruhigend. Auch die Verflechtung von fantastischen und mythologischen Elementen macht das Gedicht sehr faszinierend.

Das Gedicht erzählt von der Waldeinsamkeit und der Grenze zu einem mythischen Reich, welches voller Geheimnisse, Schönheit und wunderbarem Leben ist. „Hier wohnt die Fei“ deutet auf die Existenz einer Fee oder mythischen Kreatur hin, und das lyrische Ich stellt sich vor, wie es diese magische, abgeschiedene Welt beobachtet und erforscht. Es erzählt von der Schönheit der Natur, der Stille und Gelassenheit des Waldes und der Präsenz von mythischen Wesen wie Elfen und Gnomen. In gewisser Weise scheint das lyrische Ich nach Einsamkeit und Ruhe zu suchen, fern der Außenwelt, und hofft auf Berührung und Leitung in ein Traumland durch die mythischen Kreaturen.

Die Form des Gedichts ist eine klassische Gedichtform mit abwechselndem Reimschema (abab), welches scheinbar Vierzeilige Strophen darstellt. Die Sprache ist eher altertümlich, sehr bildhaft und metaphorisch mit vielen Natur- und Fantasiebildern. Es gibt eine durchgehende Personifikation der Natur (z.B. das scheue Brönnlein, die ernst ragenen Tannen) und eine mystische Atmosphäre wird aufgebaut.

Zusammengefasst erweckt das Gedicht einen tiefen Respekt und Bewunderung für die Schönheit der Natur und eine tiefe Sehnsucht nach einer intimeren Verbindung mit ihr. Es zeigt auch eine Sehnsucht nach Stille und Frieden, weg von der lauten und hektischen Außenwelt und einen Wunsch, in ein fantastisches, traumhaftes Reich geführt zu werden. Es zeigt die Tiefen der Fantasie und Vorstellungskraft des Dichters und weckt in uns eine ähnliche Sehnsucht und Faszination.

Weitere Informationen

Heinrich Kämpchen ist der Autor des Gedichtes „Maientraum“. Der Autor Heinrich Kämpchen wurde 1847 in Altendorf an der Ruhr geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1909 zurück. Bochum ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das vorliegende Gedicht umfasst 222 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Der Dichter Heinrich Kämpchen ist auch der Autor für Gedichte wie „Am Rhein“, „Am Weinfelder Maar“ und „Am goldenen Sonntag“. Zum Autor des Gedichtes „Maientraum“ haben wir auf abi-pur.de weitere 165 Gedichte veröffentlicht.

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