Maiengruß an den Redakteur von Joachim Ringelnatz

Frühlingszartes Wohlbehagen
Schwellt erfrorne Poesie.
Maiberauscht im Speisewagen
Ballt sich etwas wie Genie.
 
Weil Berlin voraus in Sicht ist,
Und die Sonne mich bestrahlt.
Und je länger ein Gedicht ist,
Desto besser wird's bezahlt.
 
Darum: Hundertzweiundneunzig
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Tausend und fünfhundertzwei
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Oder noch mehr Leute freun sich.
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Denn der Winter ist vorbei.
 
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Elf Millionen zweimal hundert
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Tausend siebenhundertzehn
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Menschen sind etwas verwundert,
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Weil kein Maikäfer zu sehn.
 
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Sechs Billionen zwölf Milliarden –
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Schätzungsweise – fragen sich:
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Wo steckt Maximilian Harden.
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Nun, verflucht, was kümmert's mich.
 
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Vier Trillionen neun Billionen
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Zirka Siebenhundertelf
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Milliarden fünf Millionen
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Achtzehntausend hundertzwölf – –
 
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Und ich könnte das erweitern
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Bis in die Unendlichkeit,
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Doch ein Dichter tritt den heitern
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Frühlingszarten Mai nicht breit.
 
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Sondern trinkt, sich selbst beschränkend,
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Maienbowle, Maienkraut,
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Seines Redakteurs gedenkend,
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Dem er voll und ganz vertraut.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Maiengruß an den Redakteur“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
127
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Maiengruß an den Redakteur“ ist von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der vor allem für seine humoristischen und absurden Verse bekannt ist. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, daher kann das Gedicht zeitlich in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeordnet werden.

Beim ersten Lesen des Gedichts fallen die humoristischen Elemente und der für Ringelnatz typische absurde Touch auf. Der Autor spielt mit großen Zahlen und verbindet sie opulent mit Passagen, die das Nahen des Mai und des Frühlings beschreiben.

Im Inhalt des Gedichts grüßt das lyrische Ich, welches ein Dichter zu sein scheint, seinen Redakteur mit Worten des Mai's und ebenso mit humorvollen Anspielungen auf die Arbeit als Schriftsteller. Es wird angedeutet, dass die Länge eines Gedichts mit seiner monetären Belohnung korrespondiert. Darüber hinaus verweist das lyrische Ich auf das Fehlen von Maikäfern sowie die Fragen der Menschen nach dem Verbleib von Maximilian Harden, einem zeittypischen Publizisten. Es scheint jedoch eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber dieser Thematik zu geben.

Auf formaler und sprachlicher Ebene besteht das Gedicht aus acht Strophen mit jeweils vier Versen. Es ist kein einheitliches Reimschema erkennbar, was ebenfalls einen Aspekt von Ringelnatz' typischem absurdem Stil darstellt. Sprachlich nutzt der Autor präzise und bildhafte Sprache, um die Atmosphäre des herannahenden Frühlings zu evozieren. Dabei kombiniert er diese bildhafte Sprache mit humorvollen Einschüben und großen, fast grotesk wirkenden Zahlen, was einen interessanten Kontrast bildet.

Zusammenfassend könnte das Gedicht als humorvoller und absurder Blick auf die Arbeit eines Dichters interpretiert werden, der sich sowohl auf die positive Atmosphäre des herannahenden Frühlings als auch auf die Komplexität seiner Arbeit bezieht. Es ist ein gutes Beispiel dafür, wie Joachim Ringelnatz in der Lage war, absurde und humorvolle Elemente zu einem kohärenten und unterhaltsamen Ganzen zu kombinieren.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Maiengruß an den Redakteur“ des Autors Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. Im Jahr 1928 ist das Gedicht entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das 127 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 32 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Die Gedichte „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Maiengruß an den Redakteur“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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