Mahnung von Otfried Krzyzanowski

Stille! Freund! Es lernt sich alles.
Wer die Scham verlernt hat, ist
Jeglichen Verbrechens fähig.
 
Längst begehrt mein Herz: zu sehen
Wie im Kampf der Feige kühn wird
Und wie aus dem kältesten Grauen
Jäh die Grausamkeit erwacht.
 
Preist nicht den Gewinn der Arbeit!
Ja: der Durst begehrt nach Säure!
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Wohl! Bedenk: Das Herz verlangt nicht
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Obst: es will gestohlene Früchte.
 
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Meide Worte, die uns rühren:
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Sie verführen, und im Herzen,
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Das Verführung schon gekostet
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Und verspürt hat, wacht die Tücke.
 
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Schweigt von Gott! Schweigt von der Plage!
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Glaubens Reden stört die Andacht,
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Stört die stille Scham des Mannes.
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Schweigt von Tugend und von Sünde.
 
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Darum still! Und müßt ihr reden,
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Sprecht in leichten lockern Worten,
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Die den Tänzer nicht beschweren,
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Nicht des Weines Licht verdunkeln.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Mahnung“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
23
Anzahl Wörter
126
Entstehungsjahr
nach 1902
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Mahnung“ stammt von Otfried Krzyzanowski, einem deutschsprachigen lyrischen Dichter, der von 1886 bis 1918 lebte. Seine Lebensdaten ermöglichen eine Einordnung des Werks in die literarische Epoche des Symbolismus und des frühen Expressionismus.

Der erste Eindruck des Gedichts ist von seiner ernsten, mahnenden Tonart geprägt. Es wird ein Aufruf zur Vorsicht formuliert, eine Aufforderung, bestimmte Emotionen und Handlungen zu hinterfragen und möglicherweise zu unterdrücken.

Inhaltlich spricht das lyrische Ich verschiedene Themen und Mahnungen an. In der ersten Strophe warnt es davor, dass jemand, der keine Scham mehr kennt, zu jedem Verbrechen fähig ist. Das lyrische Ich zeigt dabei die Wichtigkeit dieser moralischen Gefühle auf. In der zweiten Strophe wird die Transformation von Feigheit zu Grausamkeit thematisiert, was auf die Gefahr der Gewalt hinweist. Die dritte Strophe spricht die Gier und das Verlangen nach dem Verbotenen an. In den folgenden Strophen wird vor den Gefahren der Verführung durch Worte, dem Überschreiten religiöser Diskurse und dem Unkonzentrierten Reden gewarnt.

Formal besteht das Gedicht aus sechs Strophen mit wechselnder Versanzahl. Die Verwendung von freien Versen ohne ein festes Metrum oder Reimschema ist typisch für die Zeit des Expressionismus.

Sprachlich fällt auf, dass das lyrische Ich eine direkte Anrede („Freund“, „Ihr“) verwendet, wodurch ein Dialog oder eine direkte Kommunikationssituation suggeriert wird. Zudem verwendet Krzyzanowski deutliche und aussagekräftige Metaphern („stohlene Früchte“, „Weines Licht verdunkeln“), um seine Mahnungen zu verdeutlichen. Es mischt dabei Alltagssprache mit einer gewissen Steifheit und Formalität, was auf seine Bildung und den historischen Kontext hindeutet.

Zusammenfassend vermittelt das Gedicht „Mahnung“ von Otfried Krzyzanowski eine tiefe ethische Reflexion und soziale Kritik. Es warnt vor den Gefahren der Verrohung, des ungezügelten Begehrens, der Verführung und des Religionsdialogs, womit es eine Botschaft von Besonnenheit und moralischer Wachsamkeit transportiert.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Mahnung“ ist Otfried Krzyzanowski. 1886 wurde Krzyzanowski in Starnberg geboren. In der Zeit von 1902 bis 1918 ist das Gedicht entstanden. In Leipzig ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus zugeordnet werden. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das Gedicht besteht aus 23 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 126 Worte. Weitere Werke des Dichters Otfried Krzyzanowski sind „Abend“, „Abend“ und „Abschied“. Zum Autor des Gedichtes „Mahnung“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 37 Gedichte vor.

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