Lilie und Rose von Johann Gottfried Herder
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Lilie der Unschuld, und der Liebe Rose, |
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Wie zwo schöne Schwestern, steht ihr bei einander: |
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Aber wie verschieden! |
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Du der Unschuld Blume, bist dir selbst die Krone: |
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Ohne Schmuck der Blätter, auf dem nackten Zweige, |
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Schützest du dich selber. |
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Du von Amors Blute tief durchdrungne Rose, |
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Du von seinen Pfeilen vielgetheilter Busen, |
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Brauchest um dich Dornen. |
Details zum Gedicht „Lilie und Rose“
Johann Gottfried Herder
3
9
56
1787
Sturm & Drang,
Klassik
Gedicht-Analyse
Der Verfasser des Gedichts „Lilie und Rose“ ist Johann Gottfried Herder, der zu den herausragenden Köpfen der deutschen Literatur zur Zeit der Aufklärung gehörte. Er lebte von 1744 bis 1803, daher lässt sich das Gedicht zeitlich in das 18. Jahrhundert einordnen.
Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von starken Bildern und der Kontrastdarstellung zweier völlig unterschiedlicher Blumen - der Lilie und der Rose. Sie werden anthropomorphisiert und repräsentieren verschiedene menschliche Zustände oder Tugenden, wie Unschuld und Liebe.
In einfachen Worten beschreibt das Gedicht das Bild zweier Blumen, der Lilie und der Rose. Die Lilie wird als Symbol der Unschuld dargestellt, sie braucht keinen weiteren Schmuck oder Schutz und ist sich selbst genug. Die Rose hingegen wird als Symbol der Liebe dargestellt, die durch Amors Pfeile verwundet ist und Schutz in Form von Dornen benötigt.
Das lyrische Ich formuliert eine Beobachtung und reflektiert dabei über die Unterschiede zwischen Unschuld und Liebe. Es scheint, dass das lyrische Ich die Unschuld in ihrer natürlichen Einfachheit und Unberührtheit idealisiert, während die Liebe als qualvoll und schmerzhaft dargestellt wird, die Schutz und Abstand benötigt.
Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen mit jeweils drei Versen. Es hält sich nicht an ein strenges Reimschema, verwendet aber dennoch einige Klangfiguren, insbesondere Alliterationen und Assonanzen, um Harmonie zu erzeugen. Die Sprache ist klar, präzise und bildreich mit einer leicht formellen, altertümlichen Anmutung, passend zur Epoche aus der es stammt. Es findet eine Personifikation von Blumen statt, um menschliche Zustände zu vermitteln, was eine typische Methode der Romantik ist, die Emotionalität zu betonen und eine eindringliche Bildsprache zu erzeugen.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Lilie und Rose“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Herder wurde im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Im Jahr 1787 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Gotha. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.
Als Sturm und Drang (auch Genieperiode oder Geniezeit) bezeichnet man eine Epoche der Literatur, die auf die Jahre 1765 bis 1790 datiert werden kann. Sie knüpfte an die Empfindsamkeit an und ging später in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen die aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung. Die Autoren der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. Die Schriftsteller versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Mit dem Hinwenden Goethes und Schillers zur Weimarer Klassik endete der Sturm und Drang.
Zwei sich deutlich unterscheidende Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt: die Aufklärung und eine gefühlsbetonte Strömung, die durch den Sturm und Drang vertreten wurde. Die Weimarer Klassik ist im Grund genommen eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Die Weimarer Klassik nahm ihren Anfang mit der Italienreise Goethes im Jahr 1786 und endete mit dem Tod von Johann Wolfgang von Goethe im Jahr 1832. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Statt auf Widerspruch und Konfrontation wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Toleranz und Menschlichkeit. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Literaturepoche der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit zu forcieren. In der Lyrik haben die Dichter auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Beispielsweise war so die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Außerdem verwendeten die Autoren eine gehobene, pathetische Sprache. Die Hauptvertreter der Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Goethe und Schiller.
Das 56 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 9 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Gesetz der Welten im Menschen“, „Das Glück“ und „Das Kind der Sorge“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Lilie und Rose“ weitere 413 Gedichte vor.
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