Lied der Welt von Hugo von Hofmannsthal
1 |
Flieg hin, Zeit, du bist meine Magd, |
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Schmück mich, wenn es nächtet, schmück mich, wenn es tagt, |
3 |
Flicht mir mein Haar, spiel mir um den Schuh, |
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Ich bin die Frau, die Magd bist du. |
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Heia! |
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Doch einmal trittst du zornig herein, |
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Die Sterne schießen schiefen Schein, |
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Der Wind durchfährt den hohen Saal, |
9 |
Die Sonn geht aus, das Licht wird fahl, |
10 |
Der Boden gibt einen toten Schein, |
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Da wirst du meine Herrin sein! |
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O weh! |
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Und ich deine Magd, schwach und verzagt, |
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Gott sei’s geklagt! |
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Flieg hin, Zeit! Die Zeit ist noch weit! |
16 |
Heia! |
Details zum Gedicht „Lied der Welt“
Hugo von Hofmannsthal
1
16
94
1920
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Lied der Welt“ wurde von Hugo von Hofmannsthal, einem österreichischen Lyriker, Dramatiker und Schriftsteller, der vom 1. Februar 1874 bis zum 15. Juli 1929 lebte, verfasst. Das Gedicht kann somit in die Epoche des Symbolismus und der Wiener Moderne eingegliedert werden.
Auf den ersten Eindruck hin scheint das lyrische Ich eine Frau zu sein, die ein zwiespältiges Verhältnis zur Zeit hat, sie mal als Dienerin, mal als Herrin ansieht.
Im Gedicht wird das komplexe Verhältnis des lyrischen Ichs zur Zeit, personifiziert als eine Magd, beschrieben. In den ersten Versen drückt das Ich Zufriedenheit und Kontrolle über die Zeit aus. Es sieht die Zeit als seine Dienerin an, die es schmückt und ihm dient, unabhängig von Tageszeit. Jedoch prophezeit das lyrische Ich, dass es eine Zeit geben wird, in der die Magd (Zeit) die Kontrolle übernimmt: Wenn die Sterne schief strahlen, der Wind durch den Saal weht, das Licht blass wird und der Boden einen toten Schein abgibt. Dann wird das lyrische Ich schwach und ängstlich sein, die Magd der Zeit. Dennoch endet das Gedicht mit einer abschließenden ermutigenden Bemerkung, dass die bewusste Zeit noch weit entfernt ist.
Formal besteht das Gedicht aus sechzehn Versen und einer Strophe. Die Verse sind vierhebig und wechseln sich zwischen männlichen und weiblichen Kadenzen ab, was dem Gedicht einen gewissen Rhythmus und Melodie verleiht. Die Sprache des Gedichts ist einfach und leicht verständlich, jedoch symbolisch. Die Verwendung von Phrasen wie „die Sterne schießen schiefen Schein“ oder „der Boden gibt einen toten Schein“ unterstreicht die düstere Stimmung und signalisiert den Beginn einer bedrohlichen Zeit. Das Gedicht ist ein lyrisches Spiel mit der anthropomorphen Darstellung der Zeit und verdeutlicht auf poetische Weise die unausweichliche Konfrontation des Menschen mit der Zeitenwende.
Weitere Informationen
Hugo von Hofmannsthal ist der Autor des Gedichtes „Lied der Welt“. Hofmannsthal wurde im Jahr 1874 in Wien geboren. 1920 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Moderne zuordnen. Der Schriftsteller Hofmannsthal ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 94 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 16 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Hugo von Hofmannsthal sind „Des alten Mannes Sehnsucht nach dem Sommer“, „Die beiden“ und „Ein Knabe“. Zum Autor des Gedichtes „Lied der Welt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 40 Gedichte veröffentlicht.
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