Leere Nacht von Joachim Ringelnatz

Es ließ ein Huhn sich braten.
Ich roch es. Doch es lockte nicht.
Mich grüßten zwei Soldaten.
Sie hatten kein Gesicht.
 
Ich schritt an Licht und Scheinen
Vorbei. Und schritt. Und schritt vorbei.
Ich sah ein Mädchen weinen.
Doch meine Brille ging entzwei.
 
Ein Bogen strich die Geige.
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Und Stumme tranken Luft.
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Mich streiften nasse Zweige.
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Und irgend jemand sagte „Schuft“.
 
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Bin beinah überfahren.
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Das Auto hat mich ausgelacht.
 
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Wo meine Freunde wohl waren
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In dieser gottvergessenen Nacht?
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Leere Nacht“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
78
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Leere Nacht“ stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebte und arbeitete. Seine Arbeiten sind charakterisiert durch ihre Originalität, ihren Witz und ihre scharfe, oft zynische Betrachtung des modernen Lebens und sie reflektieren häufig seine eigenen Erfahrungen und Sichtweisen.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht düster und verstörend. Das lyrische Ich beschreibt eine Reihe von isolierten und bizarr wirkenden Begebenheiten, die in einer deprimierenden und unheimlichen Atmosphäre stattfinden, von sonderbaren Begegnungen mit gesichtslosen Soldaten bis hin zu traurigen und beunruhigenden Beobachtungen, wie ein weinendes Mädchen oder nasse Zweige, die ihn streifen.

Inhaltlich lässt sich das Gedicht als eine Art nächtlicher, traumähnlicher Zustand interpretieren, in dem das lyrische Ich eine Reihe von widersprüchlichen und teilweise unheimlichen Erfahrungen macht. Es scheint eine tiefe innere Leere und Verzweiflung auszudrücken, eine Art existenzielle Krise, die durch die dunkle und unwirkliche Atmosphäre des Gedichts unterstrichen wird. Der Zustand der Isolation und des Unbehagens wird weiter betont durch die ausdrückliche Frage, wo seine Freunde in dieser „gottvergessenen Nacht“ sind.

Formal besteht das Gedicht aus fünf Strophen, wobei die ersten drei Strophen jeweils vier Verse und die letzten beiden Strophen jeweils zwei Verse enthalten. Die kurzen, prägnanten Sätze und die einfachen, aber eindringlichen Bilder, die Ringelnatz verwendet, tragen zur Unheimlichkeit und Verstörung bei, die das Gedicht zu erzeugen scheint.

Sprachlich zeigt das Gedicht eine einfache, aber effektive Nutzung der Sprache. Ringelnatz nutzt eine klare und direkte Sprache, die nicht von metaphorischen oder übertriebenen Beschreibungen ablenkt, aber dennoch in der Lage ist, intensive und emotionale Bilder zu erzeugen. Die Worte und Phrasen, die er wählt, wie „Sie hatten kein Gesicht“, „meine Brille ging entzwei“ und „gottvergessene Nacht“, verstärken das Gefühl der Dunkelheit, der Isolation und des Unbehagens, das das Gedicht durchdringt. Diese Elemente zeigen Ringelnatz' Fähigkeit, die menschliche Erfahrung in ihrer rauen und oft beunruhigenden Realität einzufangen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Leere Nacht“ des Autors Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1933 entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 78 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Leere Nacht“ weitere 560 Gedichte vor.

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