Lebenswege von Theodor Fontane

Fünfzig Jahre werden es ehstens sein,
Da trat ich in meinen ersten „Verein“.
Natürlich Dichter. Blutjunge Waare:
Studenten, Leutnants, Refrendare.
Rang gab’s nicht, den verlieh das „Gedicht“,
Und ich war ein kleines Kirchenlicht.
 
So stand es, als Anno 40 wir schrieben,
Aber ach, wo bist Du Sonne geblieben,
Ich bin noch immer, was damals ich war,
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Ein Lichtlein auf demselben Altar,
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Aus den Leutnants aber und Studenten
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Wurden Genräle und Chefpräsidenten.
 
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Und mitunter, auf stillem Thiergartenpfade,
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Bei „Kön’gin Luise“ trifft man sich grade.
 
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„Nun, lieber F., noch immer bei Wege?“
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„‚Gott sei Dank, Excellenz,… Trotz Nackenschläge…‘“
 
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„Kenn’ ich, kenn’ ich. Das Leben ist flau…
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Grüßen Sie Ihre liebe Frau.“
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Lebenswege“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
110
Entstehungsjahr
1895
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Lebenswege“ stammt von Theodor Fontane, einem deutschen Schriftsteller und Journalisten, der seiner Zeit von 1819 bis 1898 lebte. Eine genauere zeitliche Einordnung ist schwierig, wenn auch mit dem Jahr 1840 in der zweiten Strophe auf eine Zeit im Frühwerk Fontanes hingewiesen wird, was den ersten Eindruck des Gedichtes stärkt.

In „Lebenswege“ erzählt das lyrische Ich von seiner damaligen Anfänglichkeit und Jugendlichkeit, in der er von Träumen und vom Umgang mit anderen Dichtern und Schriftstellern sprach. Diese jungen Dichter waren zu einer Gruppe zusammengetreten, in der es keine Rangordnung gab - lediglich das Gedicht zählte. Er beschreibt sich selbst als „ein kleines Kirchenlicht“, was auf seine Unschuld und seine Geringfügigkeit hindeutet.

Mit der Zeit schnellt das Leben an ihm vorbei - „Anno 40“ könnte hier auch eine Metapher für das Fortschreiten der Zeit sein - und er sieht sich selbst immer noch als das kleine Lichtlein auf dem Altar, während seine damaligen Freunde und Bekannten zu Generälen und Chefpräsidenten aufgestiegen sind.

In den letzten Strophen wird ein Dialog zwischen ihm und einer anerkannten Person wiedergegeben, bei dem das lyrische Ich seine Dankbarkeit für das fortgesetzte Leben ausdrückt, trotz der „Nackenschläge“, die das Leben ihm zugefügt hat. Abgeschlossen wird das Gedicht mit der höflichen Bemerkung des Gegenübers, dass das Leben „flau“ ist.

Fontanes Poesie zeichnet sich durch einen nüchteren, klaren Stil aus, der sich in der einfachen Wortwahl zeigt, bereichert durch seine Beobachtungsgabe und Sinn für Ironie. Seine Informationen kommen meist direkt, verzichten auf eine tiefergehende Allegorie. Die Form des Gedichts ist nicht streng gebunden, es besteht aus fünf Strophen mit variablem Versbau.

Unterm Strich zeichnet das lyrische Ich in Theodor Fontanes Gedicht „Lebenswege“ einen Pfad von Jugend und Optimismus bis hin zu Erwachsenenalter und Resignation. Während seine Zeitgenossen erfolgreiche Karrieren gemacht haben, scheint er selbst auf der Stelle zu treten, auf dem gleichen Altar, dem er seit jeher gedient hat. Es ist ein melancholisches, nachdenkliches Gedicht, das dem Leser seine Reflexionen über den Lauf des Lebens präsentiert.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Lebenswege“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Theodor Fontane. Geboren wurde Fontane im Jahr 1819 in Neuruppin. Im Jahr 1895 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Stuttgart und Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Bei Fontane handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 110 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Theodor Fontane ist auch der Autor für Gedichte wie „An meinem Fünfundsiebzigsten“, „Auf der Treppe von Sanssouci“ und „Ausgang“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Lebenswege“ weitere 214 Gedichte vor.

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