Leben ohne Eitelkeit von Karl Kraus

Sieh, mein Außenbild ist fügsam,
sieh, mein Haben, so genügsam,
achtet wohl des Gleichgewichts.
Hat es wenig, dankt für viel es,
wahrt des Weges, Maßes, Zieles
und Verzichts.
 
Doch mein Innensein verzichtet,
eh es sich genügsam richtet,
achtet nicht des Gleichgewichts.
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Immer steig’ es oder fall’ es,
11 
hat es vieles, will es alles
12 
oder nichts!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.7 KB)

Details zum Gedicht „Leben ohne Eitelkeit“

Autor
Karl Kraus
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
55
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus,
Avantgarde / Dadaismus

Gedicht-Analyse

Karl Kraus, geboren am 28. April 1874 und gestorben am 12. Juni 1936, ist der Autor dieses Gedichts, das den Titel „Leben ohne Eitelkeit“ trägt. Die zeitliche Einordnung kann dabei im Kontext seiner Lebensdaten geschehen, also in die Zeit um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, dabei prägend die erlebten historischen Ereignisse wie der Erste Weltkrieg.

Auf den ersten Eindruck hin wirkt das Gedicht klar strukturiert und durch seinen thematischen Kontrast zwischen äußerlichem Dasein und innerem Sein charakterisiert. Es geht um die menschliche Existenz in ihrer Doppelnatur aus Außen- und Innenleben.

Das lyrische Ich spricht hier über sein äußeres Erscheinen und sein inneres Wesen. Äußerlich präsentiert es sich genügsam, bescheiden und dankbar, achtet auf Gleichgewicht und Maß und zeigt sich fähig zum Verzicht. Gleichzeitig offenbart es jedoch ein inneres Selbst, das genau das Gegenteil repräsentiert. Es hat einen unstillbaren Hunger, kennt kein Maß, kein Gleichgewicht, es will entweder alles oder nichts.

Damit drückt Kraus vermutlich den Zwiespalt aus, den er in der menschlichen Natur und vielleicht auch in sich selbst sieht – die Diskrepanz zwischen äußerem Schein und innerem Sein, zwischen Anpassung an gesellschaftliche Normen und inneren Begierden und Unruhen.

Das Gedicht besteht aus zwei Strophen zu je sechs Versen. Die Versform ist einheitlich, ohne einen spezifischen Reim. Kraus sieht dabei bewusst von jeglicher Dekoration und Verzierung ab, ein Ausdruck seiner Eitelkeitskritik. Die Sprache ist klar und einfach, ohne Metaphern oder Verklärung, was die Aussage des Gedichts unterstreicht.

Zusammengefasst stellt Kraus in „Leben ohne Eitelkeit“ das Paradox menschlicher Existenz dar: Der permanente Kontrast und Kampf zwischen äußerer Anpassung und innerer Rebellion, zwischen bescheidenem Auftreten und unbegrenzter Begierde. Er fordert dazu auf, diese Ungereimtheiten zu erkennen und eventuell einen echteren, weniger eitlen Lebensweg zu betrachten.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Leben ohne Eitelkeit“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Karl Kraus. Der Autor Karl Kraus wurde 1874 in Jičín (WP), Böhmen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1920. München ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 55 Worte. Karl Kraus ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied und Wiederkehr“, „Alle Vögel sind schon da“ und „Als Bobby starb“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Leben ohne Eitelkeit“ weitere 61 Gedichte vor.

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