Laura am Klavier von Friedrich Schiller

Wenn dein Finger durch die Saiten meistert –
Laura, itzt zur Statue entgeistert,
Izt entkörpert steh ich da.
Du gebietest über Tod und Leben,
Mächtig wie von tausend Nervgeweben
Seelen fordert Philadelphia; –
 
Ehrerbietig leiser rauschen
Dann die Lüfte, dir zu lauschen;
Hingeschmidet zum Gesang,
10 
Stehn im ewgen Wirbelgang,
11 
Einzuziehn die Wonnefülle,
12 
Lauschende Naturen stille,
13 
Zauberin! mit Tönen, wie
14 
Mich mit Blicken, zwingst du sie.
 
15 
Seelenvolle Harmonieen wimmeln.
16 
Ein wollüstig Ungestüm,
17 
Aus den Saiten, wie aus ihren Himmeln
18 
Neugebohrne Serafim;
19 
Wie des Chaos Riesenarm entronnen,
20 
Aufgejagt vom Schöpfungssturm die Sonnen
21 
Funkend fuhren aus der Finsternuß,
22 
Strömt der goldne Saitenguß.
 
23 
Lieblich izt wie über bunten Kieseln
24 
Silberhelle Fluten rieseln, –
25 
Majestätisch prächtig nun
26 
Wie des Donners Orgelton,
27 
Stürmend von hinnen izt wie sich von Felsen
28 
Rauschende schäumende Gießbäche wälzen,
29 
Holdes Gesäusel bald,
30 
Schmeichlerisch linde,
31 
Wie durch den Espenwald
32 
Buhlende Winde,
33 
Schwerer nun und melankolisch düster
34 
Wie durch todter Wüsten Schauernachtgeflüster,
 
35 
Wo verlornes Heulen schweift,
36 
Thränenwellen der Kozytus schleift.
 
37 
Mädchen, sprich! Ich frage, gieb mir Kunde:
38 
Stehst mit höhern Geistern du im Bunde?
39 
Ists die Sprache, lüg mir nicht,
40 
Die man in Elysen spricht?
 
41 
Von dem Auge weg der Schleyer!
42 
Starre Riegel von dem Ohr!
43 
Mädchen! Ha! schon athm’ ich freier,
44 
Läutert mich ätherisch Feuer?
45 
Tragen Wirbel mich empor? – –
 
46 
Neuer Geister Sonnensize
47 
Winken durch zerrißner Himmel Rize –
48 
Ueberm Grabe Morgenroth!
49 
Weg, ihr Spötter, mit Insektenwize!
50 
Weg! Es ist ein Gott – – – –
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.4 KB)

Details zum Gedicht „Laura am Klavier“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
50
Anzahl Wörter
225
Entstehungsjahr
1782
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Laura am Klavier“ wurde von Friedrich Schiller verfasst, einem berühmten deutschen Dichter und Dramatiker, der der literarischen Epoche der Weimarer Klassik zugeordnet wird.

Beim ersten Durchlesen weckt das Gedicht Ehrfurcht und Bewunderung gegenüber der titelgebenden Figur und ihrer musikalischen Fähigkeiten. Die Person namens Laura spielt das Klavier und ruft ein tiefes emotionales Erlebnis beim lyrischen Ich hervor. Das lyrische Ich ist davon so beeindruckt, dass es Laura in Bezug auf ihre Macht und Kontrolle über Leben und Tod ähnlich wie eine Gottheit sieht. Diese Musik übt sogar eine so starke Macht aus, dass das lyrische Ich sich fragt, ob Laura mit höheren Geistern in Verbindung steht und in der Sprache von Elysium, dem Ort der Glückseligen in der griechischen Mythologie, spricht.

Die Form des Gedichts ist recht komplex, mit unterschiedlich langen Strophen und unregelmäßigen Reimstrukturen. Die Sprache ist reich an Metaphern und bildhaften Beschreibungen, die die Wirkung der Musik auf das lyrische Ich darstellen. Beschreibungen reichen von dem melodischen Fluss der Musik, der an silberne Fluten auf bunten Kieseln erinnert, bis hin zu dem Donner eines Orgeltons.

Die vielschichtige Musik wird schließlich als ein Mittel gesehen, das dem lyrischen Ich ein tiefgreifendes spirituelles Erlebnis ermöglicht, was durch die Verwendung von Begriffen wie „ätherisches Feuer“ und „neuer Geist“ verdeutlicht wird. In der letzten Strophe erkennt das lyrische Ich eine tiefe spirituelle Wahrheit - dass es einen Gott gibt, was vermutlich eine Anspielung auf die erhabene Macht und Präsenz ist, die man fühlt, wenn man tief berührt ist von der Schönheit der Musik und der Kunst. Die wiederholten Ausrufezeichen und Gedankenstriche am Ende des Gedichts lassen eine ehrfurchtgeschwängerte Pause zurück.

Insgesamt ist „Laura am Klavier“ ein Beispiel dafür, wie Schiller Musik als Quelle tiefer Emotionen und spiritueller Erkenntnisse darstellt.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Laura am Klavier“ des Autors Friedrich Schiller. Geboren wurde Schiller im Jahr 1759 in Marbach am Neckar, Württemberg. Im Jahr 1782 ist das Gedicht entstanden. In Stuttgart ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Bei Schiller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Die Vertreter des Sturm und Drang waren häufig junge Schriftsteller im Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren, die sich gegen die vorherrschende Strömung der Aufklärung wandten. Die Schriftsteller versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Goethe, Schiller und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei zentralen Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt 1786 mit Goethes Italienreise und endet 1832 mit dem Tod Goethes. Es gibt aber auch Definitionen, die die gemeinsame Schaffenszeit der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik festlegen. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Die Vertreter der Klassik wollten die antiken Stoffe aufleben lassen. Mit der antiken Kunst beschäftigte sich Goethe während seiner Italienreise. Die Antike gilt nun als Ideal, um Harmonie und Vollkommenheit zu erreichen. Ein hohes Sprachniveau ist für die Werke der Klassik typisch. Während man im Sturm und Drang die natürliche Sprache wiedergeben wollte, stößt man in der Klassik auf eine reglementierte Sprache. Goethe, Schiller, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das Gedicht besteht aus 50 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 225 Worte. Der Dichter Friedrich Schiller ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Gesetzgeber“, „An die Parzen“ und „An die Sonne“. Zum Autor des Gedichtes „Laura am Klavier“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 220 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Friedrich Schiller

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Friedrich Schiller und seinem Gedicht „Laura am Klavier“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Friedrich Schiller (Infos zum Autor)

Zum Autor Friedrich Schiller sind auf abi-pur.de 220 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.