Kuttel Daddeldu besucht einen Enkel von Joachim Ringelnatz
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„Mein lieber Heini! – Denn so heißt du ja wohl? – |
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Über die Folgen der Weiber und des Alkohol |
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Mußt du mal deine Mutter befragen, – |
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Oder nein!! Besser schon gehst du |
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Damit zum Lehrer. – Ich will dir nur Eines sagen: |
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Gehe niemals zur See!! Verstehst du? |
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Denn das Seemannsleben ist sauer ernst und schwer; |
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Und wie du mich hier mit meinem weißen Bart |
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Siehst – du dummer Bengel, so kik doch her! – |
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Habe ich mir bis heute noch keinen Groschen erspart. |
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Mein lieber Heini! du bist heute konfirmiert oder eingesegnet. |
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Ich schenke dir hiermit, weil du nun eingesegnet oder gefirmt |
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Bist, diesen Schirm. Nicht, daß er dich jemals beschirmt. |
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Sondern, wenn’s mal recht kabelgarndick vom Himmel regnet, |
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Sollst du ihn an der nächsten Kante in Stücke zerschlagen. |
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Denn ein rechter Kerl muß jedes Wetter vertragen |
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Und nur auf Gott und seinen Kaptein vertraun. |
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Und sollte dir jemals jemand was andres sagen, |
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Dem mußt du deine Seekiste über den Bregen haun. |
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Weil ein Mann sich soll as ein Kerl benehmen, |
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Und laß dich nicht vor den Landratten lumpen. |
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Wenn wir uns auch mal im Hafen den Schlauch vollpumpen, |
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Deswegen braucht sich von uns an Deck keiner zu schämen. |
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Denn jedes Frauenzimmer will sich doch mal amüsieren, |
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Und als Schiffsjunge heißt es vor allem parieren. |
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Wenn einem draußen solch dicker Teifun |
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Durch Nase und Arschloch pfeift, – – |
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Dann hättest du Großvater Daddeldun |
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Sehen sollen, wie er den Jungens die Eier schleift! |
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Hauptsache ist, daß man nur richtig die Lage peilt. |
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Was die Studierten predigen, das ist alles Beschiß. |
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Mein erster Bootsmann hat sich viermal die Syphilis |
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Nur mit Spiegelscherben und Branntwein geheilt. – |
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Was feixt du da, naseweiser Flegel! – |
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Das ist alles Wort für Wort wahr |
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Und gar nicht zum Lachen. |
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Na laß man. Du bist erst fünfzehn Jahr. |
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Da wollen wir beide mal heute mit vollem Segel |
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So einen Trip durch Sankt-Liederlich machen.“ |
Details zum Gedicht „Kuttel Daddeldu besucht einen Enkel“
Joachim Ringelnatz
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308
1924
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Kuttel Daddeldu besucht einen Enkel“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst. Ringelnatz (1883-1934) war ein deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler, bekannt für seine humorvollen und teils grotesken Gedichte. Dieses Gedicht stammt vermutlich aus der Zeit der Weimarer Republik, in welcher Ringelnatz seine bekanntesten Werke veröffentlichte.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht humorvoll und leicht provokativ. Es verwendet eine umgangssprachliche, direkte Sprache und hat einen teilweise zynischen Ton.
Inhaltlich handelt das Gedicht von einem Großvater namens Kuttel Daddeldu, der seinen Enkel Heini besucht. Kuttel gibt dem Jungen Ratschläge fürs Leben, die größtenteils aus seiner eigenen Erfahrung als Seemann stammen. Er warnt vor den Gefahren des Seemannslebens und empfiehlt, nicht zur See zu gehen. Zudem rät er dem Jungen, sich von niemandem etwas sagen zu lassen und immer auf seinen Kapitän und Gott zu vertrauen. Das lyrische Ich, welches die Rolle von Kuttel einnimmt, scheint stolz auf seine Vergangenheit als Seemann zu sein und diese Erfahrung als prägend für sein Leben zu betrachten.
Sprachlich ist das Gedicht in eine Art Dialekt geschrieben, welcher das Matrosen-Milieu hervorhebt. Das Gedicht hat keine Reime und folgt auch keinem regelmäßigen Metrum, was einen eher ungezwungenen und spontanen Gesprächseindruck erweckt. Die Form des Gedichts – vier Strophen mit unterschiedlicher Anzahl an Versen – ist ebenso unkonventionell wie die Sprache.
Mit seiner direkten Sprache und dem ironisch-humorvollen Ton wirkt das Gedicht zugleich unterhaltend und nachdenklich. Es lässt den Leser schmunzeln, regt aber auch zum Nachdenken über das harte Seemannsleben und die damit verbundenen Lebenserfahrungen an.
Weitere Informationen
Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Kuttel Daddeldu besucht einen Enkel“. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Das Gedicht ist im Jahr 1924 entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 308 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 39 Versen. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abschiedsworte an Pellka“, „Afrikanisches Duell“ und „Alone“. Zum Autor des Gedichtes „Kuttel Daddeldu besucht einen Enkel“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.
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