Kurz vor der Weiterreise von Joachim Ringelnatz

In Eile – in vierzig Minuten
Geht mein Zug. Denke dir nur:
Die gelbe Tasche mit Frack und den guten
Hosen, vier Hemden und Onkel Karls Uhr,
Die Metamorphosen von Tacitus,
Zwei Unterwäschen, fast sämtliche Kragen,
Sogar das Glas mit dem Bandwurm in Spiritus
Und vieles andere. – Schluß – herzlichen Gruß.
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Ich muß dir ja noch die Hauptsache sagen:
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Das alles haben sie mir gestohlen.
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Ich habe hier Blut geschwitzt.
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Der Teufel soll Berlin holen!
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Denn auch mein neuer Hut ist vertauscht.
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Pfenniger läßt dich grüßen. Er sitzt
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Neben mir. Wir sind dir gut, aber ziemlich berauscht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Kurz vor der Weiterreise“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
95
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Joachim Ringelnatz, eine herausragende Figur der literarischen Avantgarde im Deutschland des 20. Jahrhunderts, ist der Autor des Gedichts „Kurz vor der Weiterreise.“ Wahrscheinlich entstand das Werk während der Weimarer Republik oder zu Beginn der NS-Zeit.

Beim ersten Lesen des Gedichts ergibt sich ein Bild von Hektik und Unordnung. Das lyrische Ich bereitet sich auf eine Reise vor und stellt fest, dass viele seiner Besitztümer gestohlen wurden.

Im Inhalt des Gedichts geht das lyrische Ich auf verschiedene Gegenstände ein, die es für die Reise gepackt hat. Es scheint, als führe es eine Art Inventur durch, indem es die verschiedenen Gegenstände auflistet, darunter Kleidungsstücke, Bücher und kurioserweise „das Glas mit dem Bandwurm in Spiritus“. Überraschend offenbart das lyrische Ich dann, dass all diese Gegenstände gestohlen wurden.

Es drückt Frustration und Ärger über den Verlust aus und verflucht sogar Berlin. Interessant ist, dass das lyrische Ich trotz aller Unannehmlichkeiten humorvoll bleibt und mit einer leicht heiteren Note schließt: Es ist mit einem Freund zusammen und trotz allem gut gelaunt, wenn auch „ziemlich berauscht“.

Hinsichtlich der Form und Sprache hat das Gedicht eine freie Versform, es folgt keinen strengen Reimen oder Metren. Es besteht aus 16 Versen, die in etwa eine Art von Brief oder Mitteilung darstellen. Die Sprache ist einfach und direkt und mit situativem Humor angereichert. Darüber hinaus nutzt Ringelnatz ironische und satirische Elemente, um Kritik an dem städtischen Leben und eventuell auch gesellschaftlichen Zuständen auszudrücken.

Das Gedicht liefert einen eindrucksvollen Einblick in das chaotische, aber dennoch lebendige und aufregende Leben in der damaligen Metropole Berlin und reflektiert Ringelnatzs ablehnende, aber gleichzeitig auch faszinierte Haltung gegenüber der modernen Großstadt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Kurz vor der Weiterreise“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1933 ist das Gedicht entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 95 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 16 Versen. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „...als eine Reihe von guten Tagen“, „7. August 1929“ und „Abendgebet einer erkälteten Negerin“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kurz vor der Weiterreise“ weitere 560 Gedichte vor.

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