Korn und Wein von Louise Otto-Peters
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Nun blüht das Korn, nun blüht der Wein, |
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All um ein lieblich Düften, |
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Man atmet lauter Segen ein |
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In linden Abendlüften. |
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Noch blüht das Korn, noch reift es nicht, |
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Will selbst sich duftend weihen, |
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Durchglüht vom warmen Sonnenlicht |
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Den Segen prophezeien. |
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Wir bitten all um täglich Brot – |
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Doch doppelt ist’s gesegnet, |
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Wenn uns im Juni-Abendrot |
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Der Aehren Duft begegnet |
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Wir trinken ihn mit Wonne ein: |
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Der blüh’nden Aehren Küssen |
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Soll unserm Leben heilsam sein – |
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So will im Volk man wissen. |
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O Volkesglaube rein und gut! |
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Nur der ist reich zu nennen, |
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Dem Blüten geben Hoffnungsmut, |
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Eh’ noch die Frucht zu kennen. |
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Auch an der Rebe zart und dicht |
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Hervor die Träubchen sprießen |
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Und golden sich im Sonnenlicht |
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Die Blüten schon erschließen. |
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Sei mir gegrüßt du Aehrenfeld, |
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Mit deinen leisen Wogen, |
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Samt deiner blauen Blumenwelt, |
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Die sich hinein verflogen, |
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Ein Duft, berauschend süßer Art |
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Durchzieht die Rebengänge, |
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Des Sommers nahe Gegenwart |
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Fügt sich zum Lenzgepränge. |
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O schöne Zeit! es blüht der Wein |
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Beim Sang der Nachtigallen, |
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Und wenn im gold’nen Sonnenschein |
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Die Lerchenlieder schallen. |
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Und daher stammt die Liederlust |
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Wenn später im Pokale |
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Der Wein erfreut der Menschen Brust, |
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Belebt mit einem Male. |
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Und grüßt dann die Erinnerung |
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An Zeiten, da er blühte, |
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So schafft sie die Begeisterung, |
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Die nur für Höchstes glühte. |
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So mag des rechten Lebens Born |
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Denn in uns übergehen: |
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Drum sei gesegnet Wein und Korn, |
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Wenn wir Dich blühen sehen. |
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II. Erntetage. |
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Verblüht ist längst so Korn als Wein! |
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Der Aehren golden Glänzen |
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Lädt schon der Schnitter Scharen ein |
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Zu frohen Erntetänzen. |
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Zur Arbeit, wie zur Freude ruft |
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Der Sommer allerwegen, |
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Und Vogelsang und Blumenduft |
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Verschönen seinen Segen. |
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Bald aber streift ein kühler Wind |
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Ob leeren Stoppelfeldern, |
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Die Vöglein still geworden sind |
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In Büschen und in Wäldern. |
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Die Traube nur noch glüht und schwillt |
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Langsam im Rebengarten, |
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Es läßt des Herbstes schönstes Bild |
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Gern lange sich erwarten. |
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Wer möchte tadeln sie darum? |
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Ist erst auch sie genommen, |
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Dann wird es einsam um und um, |
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Dann droht des Winters Kommen. |
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Dann sind die Vöglein all’ verjagt, |
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Die Schwalben fortgeflogen, |
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Des Laubes Fallen traurig klagt, |
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Von Rot und Gold durchzogen. |
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Drum segnen wir die letzte Frucht |
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Als köstlichste von allen, |
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Von sonn’ger Höhe bis zur Schlucht |
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Ihr Dankeslieder schallen. |
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Ob’s „Herbsten“ heißt im Volkesmund, |
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Ob „es wird Wein gelesen“, |
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Es thut sich allwärts jauchzend kund |
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Ein frisch und fröhlich Wesen. |
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Und weithin durch die Lüfte dröhnt’s |
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Aus Flinten und aus Böllern. |
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Anwortend glänzend noch verschönt’s |
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Buntfeuer von den Söllern. |
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Das ist die letzte Erntezeit – |
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Wenn Trauben Most geworden: |
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Dann hängt der Herbst sein buntes Kleid |
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Still an des Winters Pforten. |
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Doch Scheuern, Keller heimsten ein |
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Des Sommers höchste Gaben: |
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So sei gesegnet Korn und Wein, |
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Wenn wir geerntet haben. |
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Gesegnet sei in Blüt’ und Frucht |
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Vor allen Gottesgaben! |
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Mag nun des Winters Sturm und Wucht |
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Das letzte Blatt begraben. |
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Gab uns der Sommer doch genug |
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Sein Scheiden zu ertragen; |
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Erinnerung und Geistesflug |
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Verscheuchen alle Klagen. |
Details zum Gedicht „Korn und Wein“
Louise Otto-Peters
26
101
493
1870-1880
Realismus,
Naturalismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Korn und Wein“ stammt von der deutschen Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Louise Otto-Peters, die vom 26. März 1819 bis zum 13. März 1895 lebte. Das Gedicht ist somit der Epoche des Biedermeier sowie des Realismus zuzuordnen, zu denen Otto-Peters schriftstellerisches Schaffen überwiegend gehörte.
Das Gedicht wirkt auf den ersten Eindruck harmonisch und gemäßigt. Es scheint eine ruhige ländliche Szene zu beschreiben, in der der Leser die Schönheit der Natur, den Verlauf der Jahreszeiten und den damit verbundenen Prozess des Wachstums und der Ernte miterleben kann.
Im Gedicht wird das Blühen und Reifen des Korns und der Reben sowie das alltägliche Leben und die Feierlichkeiten um die Ernte geschildert. Das lyrische Ich drückt seine Freude und Bewunderung für diese natürlichen Prozesse und den damit verbundenen Segen aus. Es nimmt das Blühen und Reifen als ein hoffnungsvolles Zeichen und als eine Prophezeiung des Segens, der in Form von Korn und Wein zu erwarten ist.
In Bezug auf die Form fällt auf, dass das Gedicht aus 26 vierzeiligen Strophen besteht und somit eine strenge Reimform hat. Das Gedicht ist rhythmisch und liest sich fließend, was die malerische und harmonische Atmosphäre stärkt.
Die Sprache des Gedichts ist leicht verständlich und volksnah gehalten, was mit der Tatsache zusammenhängt, dass Otto-Peters sich in ihrer literarischen Arbeit auch immer für sprachliche Klarheit und Zugänglichkeit einsetzte. Das Gedicht ist geprägt von Naturbegriffen und -bildern, die eine idyllische Atmosphäre schaffen. Es sind Farben, Gerüche, Geräusche und Emotionen zu finden, die ein lebhaftes und sinnliches Bild der Landschaft und der dort ablaufenden Prozesse zeichnen.
Zusammenfassend kann man sagen, dass „Korn und Wein“ ein wichtiges Werk Otto-Peters ist, das ihre Wertschätzung für die Natur und das einfache ländliche Leben zeigt. Ihre Auffassung, dass Arbeit und die Ehrfurcht vor den Gaben der Natur zum Alltag gehören und gefeiert werden sollten, spiegelt sich in diesem Gedicht wider. Ihre Sprache und ihre Bilder präsentieren eine erhabene und ruhige Idylle, die trotz ihrer Einfachheit voller Schönheit und Tiefe ist.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Korn und Wein“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Otto-Peters. 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1880. In Leipzig ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Realismus oder Naturalismus zugeordnet werden. Die Angaben zur Epoche prüfe bitte vor Verwendung auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich die Literaturepochen zeitlich teilweise überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung fehleranfällig. Das vorliegende Gedicht umfasst 493 Wörter. Es baut sich aus 26 Strophen auf und besteht aus 101 Versen. Die Gedichte „Am längsten Tage“, „An Alfred Meißner“ und „An August Peters“ sind weitere Werke der Autorin Louise Otto-Peters. Zur Autorin des Gedichtes „Korn und Wein“ haben wir auf abi-pur.de weitere 106 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Louise Otto-Peters sind auf abi-pur.de 106 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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