Kniehang von Joachim Ringelnatz

Ich wollte, ich wär’ eine Fledermaus,
Eine ganz verluschte, verlauste,
Dann hing ich mich früh in ein Warenhaus
Und flederte nachts und mauste,
Daß es Herrn Silberstein grauste.
Denn Meterflaus, Fliedermus, Fledermaus –
(Es geht nicht mehr; mein Verstand läuft aus.)
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Kniehang“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
7
Anzahl Wörter
40
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kniehang“ stammt vom deutschen Schriftsteller Joachim Ringelnatz, der zwischen 1883 und 1934 lebte. Damit ist es in der Moderne, genauer gesagt in der Weimarer Republik, zu verorten.

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht humorvoll und unbeschwert, thematisiert es doch die Fantasie des lyrischen Ichs, eine Fledermaus zu sein.

Inhaltlich geht es eben um diesen Wunsch: Das lyrische Ich sehnt sich danach, eine ganz spezielle Fledermaus zu sein, die sich tagsüber in einem Warenhaus versteckt und nachts herumschwirrt und „maust“ – also kleine Diebstähle begeht. Dabei soll das Erschrecken des Herrn Silberstein, offensichtlich der Besitzer des Warenhauses, bestimmte Genugtuung für das lyrische Ich darstellen. Der letzte Vers jedoch bricht dieses Fantasiebild ab, indem das lyrische Ich die Szenerie als zu kompliziert empfindet und seinen Verstand als „ausgelaufen“ bezeichnet.

Formal handelt es sich bei dem Gedicht um sieben freie Verse ohne Reim, die in einer einzigen Strophe zusammengefasst sind. Doch trotz dieser freien Form erscheint das Gedicht rhythmisch und melodisch, was durch Wortspiele und Schallähnlichkeiten erzielt wird – beispielsweise durch den dreimaligen, fast chantartigen Einsatz der Worte „Meterflaus“, „Fliedermus“ und „Fledermaus“ in Vers 6.

Die Sprache des Gedichts ist von Humor und Ironie geprägt. So verwendet Ringelnatz humorvolle Wendungen wie „verluschte, verlauste“ oder das Wortspiel „flederte und mauste“. Die Fantasie, Herrn Silberstein zu erschrecken, könnte als subtile Kritik an der Bourgeoisie oder als Ausdruck der Rebellion gegen die Normen und Regeln der Gesellschaft interpretiert werden. Der abrupte Schluss des Gedichts unterstreicht zudem den humorvollen, sich selbst nicht zu ernst nehmenden Charakter des Werks und sorgt für einen überraschenden, lachhaften Effekt.

Insgesamt vereint Ringelnatz in „Kniehang“ humorvolle Fantasien, Gesellschaftskritik und Selbstironie in einer leichten, spielerischen Sprache. Durch die Verwendung von Wortspielereien und Schallähnlichkeiten erschafft er ein melodisches, rhythmisches Gedicht, das trotz seiner kurzen Form und freien Struktur eine starke atmosphärische Wirkung erzielt.

Die grundsätzliche Botschaft könnte sein, dass es manchmal gesünder und freudvoller sein kann, sich verrückte Vorstellungen zu machen und sich damit selbst auf die Schippe zu nehmen, anstatt ständig alles todernst zu nehmen und sich immer an die Regeln zu halten.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Kniehang“. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1920. Der Erscheinungsort ist München. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Moderne oder Expressionismus zu. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 40 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 7 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“. Zum Autor des Gedichtes „Kniehang“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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