Kniebeuge von Joachim Ringelnatz

Kniee – beugt!
Wir Menschen sind Narren.
Sterbliche Eltern haben uns einst gezeugt.
Sterbliche Wesen werden uns später verscharren.
Schäbige Götter, wer seid ihr? und wo?
Warum lasset ihr uns nicht länger so
Menschlich verharren?
Was ist denn Leben?
Ein ewiges Zusichnehmen und Vonsichgeben. –
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Schmach euch, ihr Götter, daß ihr so schlecht uns versorgt,
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Daß ihr uns Geist und Würde und schöne Gestalt nur borgt.
12 
Eure Schöpfung ist Plunder,
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Das Werk sodomitischer Nachtung.
14 
Ich blicke mit tiefster Verachtung
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Auf euch hinunter.
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Und redet mir nicht länger von Gnade und Milde!
17 
Hier sitze ich; forme Menschen nach meinem Bilde.
18 
Wehe euch, Göttern, wenn ihr uns drüben erweckt!
19 
Beine streckt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Kniebeuge“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1923
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kniebeuge“ stammt von Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 lebte und somit der Epoche der literarischen Moderne zugeordnet werden kann.

Das Gedicht hinterlässt einen starken ersten Eindruck und wird durch eine zugespitzte religiöse und existenzielle Thematik geprägt. Es scheint eine Rebellion gegen die Götter und deren Weltordnung darzustellen, da sie dem lyrischen Ich Unsicherheit, Sterblichkeit und Schicksal auferlegen.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um eine Anklage des lyrischen Ichs gegenüber den Göttern. Es klagt diese an, den Menschen lediglich eine vorübergehende Existenz zu leihen und sie inmitten von Unwägbarkeiten und Ungerechtigkeiten zu stellen. Es äußert Verachtung gegenüber dem Leben, wie es geschaffen wurde, und lehnt die von den Göttern proklamierte Gnade und Milde ab. In einer ironischen Wende proklamiert das lyrische Ich sich selbst als Erschaffer von Menschen nach seinem eigenen Bild.

Was die Form und Sprache des Gedichts betrifft, besteht es aus 19 Versen, die keinen traditionellen Reim oder Versmaß folgen, woraus sich die Zuordnung zur Moderne ergibt. Die Sprache ist direkte und rebellisch, was sich auch in der expressiven Formulierung wie „Schmach euch, ihr Götter“ oder „Eure Schöpfung ist Plunder!“ äußert.

Insgesamt ist dieses Gedicht ein starkes Statement gegen eine bestimmte Weltanschauung, die von den Göttern verordnet wurde. Es stellt eine tief ehrfürchtige und gleichzeitig rebellische Haltung gegenüber dem Leben und den Göttern dar und knüpft damit an die existentialistische Tradition der Moderne an.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Kniebeuge“ ist Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1923 zurück. München ist der Erscheinungsort des Textes. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 107 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 19 Versen mit nur einer Strophe. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“. Zum Autor des Gedichtes „Kniebeuge“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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