Klöpplerinnen von Louise Otto-Peters

Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
Die Wangen bleich und die Augen rot!
Sie mühen sich ab für einen Bissen,
Für einen Bissen schwarzes Brot!
 
Großmutter hat sich die Augen erblindet,
Sie wartet, bis sie der Tod befreit –
Im stillen Gebet sie die Hände windet:
Gott schütz’ uns in der schweren Zeit.
 
Die Kinder regen die kleinen Hände,
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Die Klöppel fliegen hinab, hinauf,
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Der Müh’ und Sorge kein Ende, keine Ende!
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Das ist ihr künftiger Lebenslauf.
 
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Die Jungfrauen all, daß Gott sich erbarme,
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Sie ahnen nimmer der Jugend Lust –
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Das Elend schließt sie in seine Arme,
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Der Mangel schmiegt sich an ihre Brust.
 
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Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen,
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Seht Ihr die Spitzen, die sie gewebt:
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Ihr Reichen, Großen – hat das Gewissen
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Euch nie in der innersten Seele gebebt?
 
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Ihr schwelgt und prasset, wo sie verderben,
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Genießt das Leben in Saus und Braus,
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Indessen sie vor Hunger sterben,
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Gott dankend, daß die Qual nun aus!
 
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Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
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Und redet noch schön von Gottvertraun?
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Ihr habt es aus ihrer Seele gerissen,
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Weil sie Euch selber gottlos schaun!
 
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Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen
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Und fühlt kein Erbarmen in solcher Zeit,
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Dann werde Euer Sterbekissen
32 
Der Armut Fluch und all ihr Leid!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.2 KB)

Details zum Gedicht „Klöpplerinnen“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
32
Anzahl Wörter
204
Entstehungsjahr
1840-1850
Epoche
Realismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Klöpplerinnen“ wurde von Louise Otto-Peters verfasst, die im 19. Jahrhundert, eine deutsche Dichterin, Frauenrechtlerin und Publizistin war. Zu Beginn des Gedichts sticht die düstere und melancholische Stimmung hervor, die sich durch das gesamte Gedicht zieht.

Inhaltlich schildert das Gedicht die schwere Arbeit der Klöpplerinnen, die ihre Zeit damit verbringen, Spitze zu klöppeln, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Ihre Situation ist sehr bescheiden und schwierig, sie arbeiten für „einen Bissen schwarzes Brot“, also das Nötigste zum Überleben. Das lyrische Ich wirkt betroffen und kritisch. Es scheint die Ungerechtigkeit und die Schwere ihres Schicksals anzuprangern - die aussichtslose Lage, in der auch die Kinder und Großmütter sind, die den ganzen Tag arbeiten und erblinden, während sie nur auf den Tod warten.

Formal besteht das Gedicht aus acht vierzeiligen Strophen. Die Sprache ist einfach und direkt, was die Botschaft noch eindringlicher macht. Die Wiederholung des Verses „Seht Ihr sie sitzen am Klöppelkissen“ in verschiedenen Strophen unterstreicht nicht nur die andauernde, endlose Arbeit der Klöpplerinnen, sondern fordert den Leser auch auf, hinzusehen und nicht weg zu schauen.

In der zweiten Hälfte des Gedichts wendet sich das lyrische Ich an die Reichen und Großen. Es kritisiert sie für ihre Ignoranz und ihr verschwenderisches Leben, während die Klöpplerinnen am Rand der Gesellschaft verhungern. Das Gedicht endet mit einer Botschaft des Zorns und der Verzweiflung. Es droht den Reichen, dass ihr Sterbekissen „Der Armut Fluch und all ihr Leid“ sein wird. Dies könnte als eine Art von sozialem Protest oder sogar als Warnzeichen interpretiert werden.

Das Gedicht kann daher als Kritik an der Gesellschaft und der Ausbeutung der armen Arbeiter gesehen werden. Es wirft Fragen auf über Ungerechtigkeiten und die Verteilung von Reichtum und hebt den Kontrast zwischen den Reichen und den Armen hervor. Louise Otto-Peters, bekannt als Vorkämpferin für die Rechte der Frauen, bringt hier auch das Leid der arbeitenden Frauen zur Sprache.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Klöpplerinnen“ stammt aus der Feder der Autorin bzw. Lyrikerin Louise Otto-Peters. Im Jahr 1819 wurde Otto-Peters in Meißen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1850 zurück. Erschienen ist der Text in Leipzig. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her der Epoche Realismus zuordnen. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epoche ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 204 Wörter. Es baut sich aus 8 Strophen auf und besteht aus 32 Versen. Die Gedichte „Auf dem Kynast“, „Bergbau“ und „Berufung“ sind weitere Werke der Autorin Louise Otto-Peters. Auf abi-pur.de liegen zur Autorin des Gedichtes „Klöpplerinnen“ weitere 106 Gedichte vor.

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