Kleines Gespräch mit unerwartetem Ausgang von Kurt Tucholsky

Der Herrgott saß auf Wolkenkissen
und sah sich seine Erde an.
Was braust herauf? Sieh da, das is ’n
Aeroplan.
 
Ein Offizier grüßt freundlich lächelnd.
„Gestatten! Schwaben Nummer Vier!“
– und die Propeller surren fächelnd –
„Wir sind nu hier! –
 
Was sagen Sie zu unserm Siege?
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Wir brachen spielend den Rekord.
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Wozu? Wir brauchen das zum Kriege …“
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„Zum Krieg? Zum Mord!“
 
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„Erlauben Sie, Sie sind zu schwächlich …“
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„Und wer gab euch das viele Geld -?“
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„Das Volk! Das Volk war es hauptsächlich
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vom Rhein zum Belt.“
 
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„Das Volk? Hat es so krumme Nacken?
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Ist denn bei euch das Volk so dumm?“
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Hier lachte Gott aus vollen Backen.
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Man kippte um.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Kleines Gespräch mit unerwartetem Ausgang“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
108
Entstehungsjahr
1919
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kleines Gespräch mit unerwartetem Ausgang“ wurde von Kurt Tucholsky verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Publizisten, der von 1890 bis 1935 gelebt hat. Tucholsky ist bekannt für seine satirische und gesellschaftskritische Lyrik. Der Text stammt somit aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, einer Zeit großer kriegerischer Auseinandersetzungen und politischer Unruhen.

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht humorvoll und fast burlesk. Ein Offizier und Gott führen ein Gespräch, während der Offizier in einem Flugzeug, dem „Aeroplan“, anreist. Eine solche Komposition erzeugt eine skurrile und ironische Atmosphäre.

Der Inhalt des Gedichts jedoch legt eine tiefe Kritik an den herrschenden Mächten und dem Militarismus offen. Der Offizier verkündet stolz, dass sie den Rekord gebrochen und „spielend“ gesiegt haben. Als Gott nach dem Grund fragt, antwortet der Offizier, dass sie das „zum Kriege“ brauchen. Daraufhin antwortet Gott mit „Zum Krieg? Zum Mord!“ und bringt damit zum Ausdruck, dass Krieg nichts anderes als organisierte Massentötung ist. In der vierten Strophe stellt Gott dann infrage, wer dieses teure Unterfangen finanziert hat. Der Offizier beantwortet, dass es das Volk war, was Gott dazu veranlasst, die Intelligenz des Volks in Frage zu stellen und schließlich zu lachen.

Das Gedicht ist in fünf Vierzeiler unterteilt. Der Rhythmus ist fließend und ohne festes Reimschema, was eine Form der freien Verse darstellt. Die Sprache ist einfach, alltagsnah und damit gut verständlich, worin sich die satirische Absicht des Autors wohl am besten zeigt.

Zusammengefasst hinterlässt das Gedicht den Eindruck einer humorvollen, jedoch gleichzeitig bitteren Abrechnung mit Kriegstreibern und einer gleichgültigen oder unwissenden Gesellschaft, die solche Aktivitäten finanziert. Es ist ein Beispiel für Tucholskys scharfsinnige Gesellschaftskritik.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Kleines Gespräch mit unerwartetem Ausgang“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Kurt Tucholsky. Tucholsky wurde im Jahr 1890 in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1919 zurück. Charlottenburg ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Tucholsky handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Wichtigen Einfluss auf die Literatur der Weimarer Republik nahmen der Erste Weltkrieg und die daraufhin folgende Entstehung der Weimarer Republik. Das bedeutendste Merkmal der Literatur in der Weimarer Republik ist die Neue Sachlichkeit, die so heißt, da sie schlicht, klar, sachlich und hoch politisch ist. Die Literatur dieser Zeit war nüchtern und realistisch. Ebenso stellt sie die moderne Gesellschaft kühl distanziert, beobachtend, dokumentarisch und exakt dar. Die Autoren der Literaturepoche wollten so viele Menschen wie möglich mit ihren Texten erreichen, deshalb wurde eine einfache und nüchterne Alltagssprache verwendet. Viele Schriftsteller litten unter der Zensur in der Weimarer Republik. Im Jahr 1922 wurde nach einem Attentat auf den Reichsaußenminister das Republikschutzgesetz erlassen, das die zunächst verfassungsmäßig garantierte Freiheit von Wort und Schrift in der Weimarer Republik deutlich einschränkte. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die teils in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das im Jahr 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz verstärkte die Grenzen der Zensur nochmals. Später als die Pressenotverordnung im Jahr 1931 in Kraft trat, war sogar die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate möglich.

Als Exilliteratur wird die Literatur von Schriftstellern bezeichnet, die unfreiwillig Zuflucht in der Fremde suchen müssen, weil ihre Person oder ihr Werk in ihrer Heimat bedroht sind. Für die Flucht ins Exil geben meist religiöse oder politische Gründe den Ausschlag. Die deutsche Exilliteratur entstand in den Jahren von 1933 bis 1945 als Literatur der Gegner des Nationalsozialismus. Dabei spielten insbesondere die Bücherverbrennungen am 10. Mai 1933 und der deutsche Überfall auf die Nachbarstaaten in den Jahren 1938/39 eine ausschlaggebende Rolle. Die Exilliteratur bildet eine eigene Epoche in der deutschen Literaturgeschichte. Sie schließt an die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik an. Die Themen der Exilliteratur Deutschlands lassen sich zunächst in zwei Gruppen einteilen. Einige Autoren fühlten sich in ihrer neuen Heimat nicht zu Hause, hatten Heimweh und wollten einfach in ihr altes Leben vor dem Nationalsozialismus zurückkehren. Oft konnten sie im Ausland nicht mehr ihrer Arbeit als Schriftsteller nachgehen, da sie nur in deutscher Sprache schreiben konnten, was im Ausland niemand verstand. Heimweh und ihre Liebe zum Mutterland sind die Themen in ihren Werken. Andere Schriftsteller wollten sich gegen Nazideutschland wehren. Man wollte zum einen die Welt über die Grausamkeiten in Deutschland aufklären. Zum anderen aber auch den Widerstand unterstützen. Bestimmte formale Merkmale lassen sich jedoch nicht finden. Allerdings gab es einige neue Gattungen, die in dieser Epoche geboren wurden. Das epische Theater von Brecht oder auch die historischen Romane waren neue literarische Textsorten. Aber auch Flugblätter und Radioreden der Widerstandsbewegung sind hierbei als neue Textsorten zu erwähnen. Oftmals wurden die Texte auch getarnt, so dass sie trotz Zensur nach Deutschland gebracht werden konnten. Dies waren dann die sogenannten Tarnschriften.

Das vorliegende Gedicht umfasst 108 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 20 Versen. Weitere Werke des Dichters Kurt Tucholsky sind „An Lukianos“, „An Peter Panter“ und „An das Publikum“. Zum Autor des Gedichtes „Kleines Gespräch mit unerwartetem Ausgang“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 136 Gedichte vor.

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