Klagen an den Entflohenen von Susanne von Bandemer

Hier ruht dein Bild auf meinem Herzen,
Du, Mann der Liebe und der Schmerzen!
Der jetzt voll Grausamkeit mich flieht. –
Du fliehst umsonst – ! denn meine Seele eilet
Dem Manne nach, der das Gefühl nicht theilet
Das ewig mir im Busen glüht.
 
Ja fliehe zu den fernsten Zonen,
Laß Haß in deiner Seele wohnen,
Wo sonst nur Liebe für mich sprach:
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Zerbrich, zerreiß’ der Liebe süße Bande
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Und tödte mich: ich folge bis zum Rande
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Des Grabes dir im Geiste nach.
 
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Die Liebe kennet keine Schranken,
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Im Tode selbst wird sie nicht wanken;
 
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Sie bleibt sich ewig einerley.
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Die Zeit kann nie dies reine Feuer mindern,
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Kein Mensch, kein Gott! kann ihre Allmacht hindern,
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Und felsenfest ist ihre Treu.
 
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Mein ganzes Daseyn seh’ ich schwinden,
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Um mich in deinem ganz zu finden:
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Ich leb’ und denke nur durch dich! –
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Dich nur allein seh’ ich von allen Wesen
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Des Weltenall’s. – Was du mir bist gewesen,
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Bleibst du mir unabänderlich!
 
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Die Liebe trotzt des Schiksals Strenge,
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Besiegt der Vorurtheile Menge,
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Und stumpfet ab den Zahn der Zeit:
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Sie lächelt schlau bey der Moral des Weisen,
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Und spottet selbst des kalten Blut’s des Greisen.
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Ihr Ziel beschränkt die Ewigkeit.
 
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Wer nicht so fühlt, der weiß und kennet
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Die Liebe nicht, die selbst getrennet,
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In ihrer ganzen Fülle Kraft,
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Nur ewig nach dem Einen strebet,
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Sich selbst vergessend, nur dem Einen lebet,
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Der ihr die Welt zur Wüste schafft.
 
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Ha! dieses Schmachten, dieses Streben!
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Verzehrt die Kräfte von dem Leben,
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Das der Verzweiflung sich geweiht:
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Ach! ohne ihn das Daseyn zu ertragen,
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Wer faßt den Schmerz? O, selbst der Hölle Plagen
42 
Sind ja dagegen Seligkeit!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.1 KB)

Details zum Gedicht „Klagen an den Entflohenen“

Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
42
Anzahl Wörter
272
Entstehungsjahr
1802
Epoche
Klassik,
Romantik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Klagen an den Entflohenen“ wurde von Susanne von Bandemer verfasst, die im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert lebte. Es ist daher zeitlich der Epoche der Romantik zuzuordnen, in der Gefühle und individuelle Empfindungen eine zentrale Rolle spielten.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass dieses Gedicht die tiefen und leidenschaftlichen Gefühle der Liebe und der Verzweiflung in den Mittelpunkt stellt. Das lyrische Ich richtet seine Worte an einen geliebten Menschen, der es verlassen hat und flieht.

Inhaltsanalyse: Inhaltlich geht es in diesem Gedicht um die Leidenschaft und Treue der Liebe, die auch vor einer räumlichen Trennung nicht halt macht. Das lyrische Ich beschreibt seine grenzenlose Liebe zu einem entflohenen Mann. Trotz dessen Flucht und möglicher Ablehnung verfolgt die Liebe des lyrischen Ichs ihn bis in die fernsten Zonen und sogar bis zum Rand des Grabes. Sie besteht auf der ewigen, unwandelbaren und gegen alles Widerstände trotzenden Natur der Liebe. Die Liebe, wie sie das lyrische Ich empfindet, ist eine allmächtige und unveränderliche Kraft, die das gesamte Dasein des lyrischen Ichs bestimmt und verkörpert.

Form- und Sprachanalyse: Das Gedicht ist in acht Strophen unterteilt, von denen die meisten sechs Verse enthalten, mit Ausnahme der dritten und vierten Strophe, die jeweils zwei bzw. vier Verse aufweisen. Die Sprache des Gedichts ist intensiv und voller Leidenschaft, oft unterstützt durch Superlative und starke Adjektive („ewig“, „reines Feuer“). Auch das wiederholte Verwenden von Exklamationen unterstreicht die Emotionalität. Der Einsatz von Metaphern („Die Liebe trotzt des Schiksals Strenge“) ermöglicht es der Autorin, ihre Gefühle bildhaft und eindrücklich zu gestalten.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht ein intensives und rührendes Bild von unerschütterlicher Liebe und Leidenschaft zeichnet, die trotz Trennung und Schmerz überdauern und selbst den Tod überwinden kann. Es repräsentiert die Romantik mit ihrer Betonung der tiefen Emotionen und der Individualität der Gefühle.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Klagen an den Entflohenen“ der Autorin Susanne von Bandemer. Bandemer wurde im Jahr 1751 in Berlin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1802 entstanden. Berlin ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten der Autorin kann der Text den Epochen Klassik oder Romantik zugeordnet werden. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben zur Epoche bei Verwendung. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Das 272 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 42 Versen mit insgesamt 8 Strophen. Weitere bekannte Gedichte der Autorin Susanne von Bandemer sind „An Elisen“, „An Frau Sophie von La Roche“ und „An G * * * g“. Zur Autorin des Gedichtes „Klagen an den Entflohenen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 86 Gedichte veröffentlicht.

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