Klage um Antinous von Rainer Maria Rilke

Keiner begriff mir von euch den bithynischen Knaben,
(daß ihr den Strom anfaßtet und von ihm hübt…)
Ich verwöhnte ihn zwar. Und dennoch: wir haben
ihn nur mit Schwere erfüllt und für immer getrübt.
 
Wer vermag denn zu lieben? Wer kann es? – Noch keiner.
Und so hab ich unendliches Weh getan –.
Nun ist er am Nil der stillenden Götter einer,
und ich weiß kaum welcher und kann ihm nicht nahn.
 
Und ihr warfet ihn noch, Wahnsinnige, bis in die Sterne,
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damit ich euch rufe und dränge: meint ihr den?
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Was ist er nicht einfach ein Toter? Er wäre es gerne.
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Und vielleicht wäre ihm nichts geschehn.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Klage um Antinous“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
1918
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Klage um Antinous“ wurde von dem deutschsprachigen Lyriker Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Er ist somit der Epoche der literarischen Moderne zuzuordnen.

Beim ersten Lesen fällt die klare und prägnante Sprache auf, die sich durch eine gewisse Schwermut auszeichnet. Zugleich finden sich Anspielungen auf antike Themen und Motive, wodurch das Gedicht eine mythologische Ebene erhält.

Das lyrische Ich spricht in diesem Gedicht über einen 'bithynischen Knaben', der offenbar gestorben ist und nun betrauert wird - es handelt sich dabei um Antinous, den Günstling des römischen Kaisers Hadrian, der bei einem Besuch in Ägypten im Nil ertrank. Die Figur des lyrischen Ichs lässt sich mit dem Kaiser Hadrian identifizieren, der den Verlust von Antinous betrauert. Dabei drückt das lyrische Ich Schuldgefühle aus ('Ich verwöhnte ihn zwar. Und dennoch: wir haben ihn nur mit Schwere erfüllt') und beklagt seine Unfähigkeit, den Liebsten zu retten ('Wer vermag denn zu lieben? Wer kann es? – Noch keiner. Und so hab ich unendliches Weh getan').

Die Literaturform des Gedichtes besteht aus drei Strophen mit jeweils vier Versen. Die Regularität der Form bildet einen Kontrast zur emotionalen Unruhe und Traurigkeit, die aus den Versen spricht. In Bezug auf die Sprache und die verwendeten Stilmittel lässt sich eine klare Ausdrucksweise feststellen. Die direkte Ansprache der Leser ('Keiner begriff mir von euch') und die Verwendung direkter Fragen ('Wer vermag denn zu lieben? Wer kann es?') erzeugen eine Intensität und drückliche Nahe.

Rilke verwendet zudem zahlreiche Metaphern und Symbole, beispielsweise das Bild des Stroms, um den Tod von Antinous zu umschreiben. Der Verweis auf 'die stillenden Götter' unterstreicht die mythologische Komponente des Textes. Die Diktion ist außerdem von Verben und Adjektiven geprägt, die Traurigkeit und Verlust ausdrücken ('getrübt', 'unendliches Weh').

Abschließend lässt sich sagen, dass Rilkes „Klage um Antinous“ ein Trauergedicht ist, das sich durch seine emotionale Tiefe und sprachliche Klarheit auszeichnet, und in dem der Dichter das universelle Motiv von Liebe, Verlust und Tod aufgreift und auf ganz persönliche Weise verarbeitet.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Klage um Antinous“ des Autors Rainer Maria Rilke. Geboren wurde Rilke im Jahr 1875 in Prag. Im Jahr 1918 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 106 Worte. Weitere Werke des Dichters Rainer Maria Rilke sind „Adam“, „Advent“ und „Allerseelen“. Zum Autor des Gedichtes „Klage um Antinous“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.

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