Kindheit von Otto Ernst

Komm, liebes Weib, und laß die Arbeit ruhn;
Mit mir des späten Tags genieße nun.
 
Sieh, wie die Sonne brennt im dunklen Wald.
In leuchtend Blut zerfließt der Westen bald.
 
Heb' unser Kind empor ans milde Licht,
Daß sich ein Strahl in seinem Auge bricht.
 
Ein Himmelsglanz die gold'nen Locken streift –
Sieh, wie's begehrlich nach dem Lichte greift!
 
Das ist des Kindes Märchenseligkeit:
10 
Noch ahnt es nicht, daß ihm ein Ziel zu weit.
 
11 
Die bunte Welt mit ihrem Drang und Schwall
12 
Ist ihm ein großes Bild, ein wirrer Schall.
 
13 
Der Tag ist ihm nicht Zeit, er ist ihm Licht,
14 
Und unsre Abendwehmut kennt es nicht.
 
15 
Zusammen fließt ihm Leben noch und Tod,
16 
Und Abendglanz ist ihm wie Morgenrot.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Kindheit“

Autor
Otto Ernst
Anzahl Strophen
8
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
118
Entstehungsjahr
1907
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kindheit“ wurde von Otto Ernst verfasst, einem deutschen Schriftsteller, der in der zweiten Hälfte des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts lebte und arbeitete. Nach dem ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht eine lyrische und bildreiche Darstellung der Kindheit und kindlichen Unschuld ist.

Im Inhalt appelliert das lyrische Ich an seine Geliebte, ihre Arbeit ruhen zu lassen und den späten Tag zu genießen. Sie beobachten gemeinsam ihr Kind und die natürliche Umgebung, in der sie sich befinden. Das Kind wird als unschuldig dargestellt, es nimmt die Welt um sich herum noch als ein großes, farbenfrohes Bild und als verwirrenden Schall wahr. Während die Eltern die Tageszeit als abendlliche Schwermut wahrnehmen, ist für das Kind jeder Tag ein Licht, und alles ist noch neu und wunderschön.

Durch diese Betrachtung will das lyrische Ich ausdrücken, dass Kinder die Welt unschuldig und unbekümmert erleben, frei von den Sorgen und dem Leid, das mit dem Erwachsensein einhergeht. Es ist eine Rückbesinnung auf die Unbekümmertheit und Freiheit der Kindheit und eine Aufforderung, sich diese Kindlichkeit zu bewahren und den Moment zu genießen.

Die Form des Gedichts ist in kurzen Zweivers-Strophen geschrieben, was für einen gleichmäßigen Rhythmus sorgt und die Einfachheit und Unschuld der Kindheit widerspiegelt. Die Sprache und das Vokabular des Gedichts sind recht einfach und klar zu verstehen, dabei aber voller bildreicher metaphorischer Beschreibungen, die die Welt aus Kinderaugen darstellen. Farben und Licht spielen eine große Rolle in dem Gedicht, unterstreichen die magische Sichtweise des Kindes auf die Welt und betonen das Kontrastverhältnis zwischen der Sicht der Erwachsenen und der des Kindes. Dagewesene Erlebnisse sind in der Kindheit noch rein und ungetrübt, während die Erwachsenen sie mit Wehmut und Melancholie betrachten.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Kindheit“ ist Otto Ernst. Geboren wurde Ernst im Jahr 1862 in Ottensen bei Hamburg. 1907 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Leipzig. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 8 Strophen und umfasst dabei 118 Worte. Weitere Werke des Dichters Otto Ernst sind „Chidhr“, „Das Gesicht der Wahrheit“ und „Der Einsame“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kindheit“ weitere 64 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Otto Ernst

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Otto Ernst und seinem Gedicht „Kindheit“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Otto Ernst (Infos zum Autor)

Zum Autor Otto Ernst sind auf abi-pur.de 64 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.