Karneval von Ludwig Thoma

Väter, hört mich, Mütter, hört die Mahnung,
Jetzt kommt wieder jene Zeit – versteht! –
Wo so manche Tugend ohne Ahnung
Der Besitzerin abhanden geht.
 
Beute suchend schleicht umher das Laster;
Wer ist sicher, daß ihm nichts geschieht,
Wenn man jetzt der Busen Alabaster
Und beim Hofball auch die Nabel sieht?
 
Von den Blicken kommt es zur Berührung,
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Irgendwo zu einem Druck der Hand,
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Und so manches Mittel der Verführung
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Sei aus Scham hier lieber nicht genannt!
 
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Wenn an hochgewölbte Männerbrüste
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Sich das zarte Fleisch der Mädchen drängt,
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Regen sich von selbst die bösen Lüste
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Und was sonst damit zusammenhängt.
 
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Darum Eltern, wenn die Geigen klingen
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Und die Klarinette schrillend pfeift,
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Hütet eure Tochter vor den Dingen,
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Die sie hoffentlich noch nicht begreift!
 
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Peter Schlemihl
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Karneval“

Autor
Ludwig Thoma
Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
123
Entstehungsjahr
1903
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

„Karneval“ ist ein Gedicht vom deutschen Schriftsteller Ludwig Thoma, welcher zwischen 1867 und 1921 lebte. Er war bekannt für seine satirisch-bissige Schreibweise, die auch in diesem Gedicht zum Vorschein kommt.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht warnend und moralisch, mit einem Unterton von Spott und Ironie. Das lyrische Ich wendet sich direkt an die Eltern, besonders an Väter und Mütter, mit der Warnung, dass die nun kommende Zeit des Karnevals eine ist, in der Tugenden verloren gehen können. Es spricht von der Gefahr, dass ihre Töchter während der ausgelassenen Festlichkeiten ihre Unschuld verlieren könnten.

Im Inhalt geht es besonders um den Karneval und die dazu gehörigen Feierlichkeiten als Ort und Zeit der Verführung und der losgelösten Moral. Die auffällige Kleidung und das Zusammenrücken der Geschlechter werden besonders betont. Aus der Sicht des lyrischen Ichs ist der Karneval ein Ort der sinnlichen Verlockungen und Verführungen, die Tugenden schwächen und Körperlichkeit betonen können.

In Bezug auf die Form und Sprache des Gedichts wird deutlich, dass Thoma eine pointierte, humorvolle Sprache nutzt, um seine Botschaft ironisch und spöttisch zu vermitteln. Der konsequente Vierzeiler- Aufbau sorgt für ein gleichbleibendes Rhythmusgefühl. Zudem arbeitet er mit satirischen Übertreibungen, wie der „zum Hofball sichtbaren Nabel“. Das Ende mit der Erwähnung von Peter Schlemihl, eine Figur aus der Literatur, die ihren Schatten verkaufte und damit ein Sinnbild für Verlust und Scheitern wurde, unterstreicht das warnende Element des Gedichts.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Ludwig Thoma mit seinem Gedicht „Karneval“ in humorvoller und ironischer Weise auf die Gefahren des Karnevals hinweist und dabei das bürgerlich-konservative Weltbild seiner Zeit satirisch hinterfragt.

Weitere Informationen

Ludwig Thoma ist der Autor des Gedichtes „Karneval“. Thoma wurde im Jahr 1867 in Oberammergau geboren. 1903 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist München. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epoche ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 123 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Ludwig Thoma sind „Jahreswende“, „Neujahr bei Pastors“ und „Silvesternacht“. Zum Autor des Gedichtes „Karneval“ haben wir auf abi-pur.de keine weiteren Gedichte veröffentlicht.

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Das Video mit dem Titel „Ludwig Thoma: DER KARNEVAL (Lesung) (Florian Friedrich)“ wurde auf YouTube veröffentlicht. Unter Umständen sind 2 Klicks auf den Play-Button erforderlich um das Video zu starten.

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