Kammer-Kummer von Joachim Ringelnatz

Es äugt ein Wunsch aus mir nach der Uhr.
Der lauscht auf Briefträgerschritte
Und murmelt unaufhörlich nur
Das Wort „bitte, bitte“.
 
Sich schämend richtet sein Gebet
Die Ohren nach der Klingel.
Ein Brief soll läuten. Darauf steht:
„An Herrn Joachim Ringel — —“
 
Ha! Klingelt schon! Und kommt ein Brief. — —
 
10 
Nicht der, den ich wollte lesen.
 
11 
Einschlafende Hoffnung atmet tief,
12 
Träumt ab, was niemals gewesen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Kammer-Kummer“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
63
Entstehungsjahr
1932
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Kammer-Kummer“ wurde von dem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten Joachim Ringelnatz verfasst, der hauptsächlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts tätig war.

Auf den ersten Blick entsteht der Eindruck einer gewissen Unruhe und Spannung, mit der das lyrische Ich auf einen herbeigesehnten Brief wartet. Das Gedicht vermittelt somit zunächst die aufgeladene Atmosphäre, die bei der Erwartung eines wichtigen Schreibens entstehen kann.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht um das Warten und die Sehnsucht des lyrischen Ichs nach der Ankunft eines Briefes. Diese Erwartung wird sogar personifiziert, indem der Wunsch als lebendiges Wesen beschrieben wird, dass „aus der Uhr äugt“ und „bitte, bitte“ flüstert. Trotz der demütigen Bitte folgt jedoch die bittere Enttäuschung als der ersehnte Brief nicht der ist, auf den gewartet wurde. Die Hoffnung des lyrischen Ichs wird daraufhin als „einschlafend“ dargestellt und der Traum, der durch den Brief hätte erfüllt werden können, gilt als „abgeträumt“.

Das Gedicht ist in freien Versen gehalten und hat eine einfache und direkte Ausdrucksweise. Der Autor verwendet jedoch eindrucksvolle Metaphern und Personifizierungen, um die Stimmung der Sehnsucht und Enttäuschung auszudrücken. Die Verse wechseln zwischen 1- und 4-Zeiler-Strophen, was auf die innere Unruhe des lyrischen Ichs hinweisen könnte. Dieser Wechsel bringt auch Abwechslung und Unvorhersehbarkeit, was die spontane Natur von Hoffnungen und Enttäuschungen gut widerspiegelt.

Zusammengefasst spricht das Gedicht die universellen Gefühle von Erwartung und Enttäuschung an. Es illustriert, wie etwas so Alltägliches wie das Warten auf einen Brief tiefgreifende menschliche Emotionen hervorrufen kann - eine Eigenschaft, die typisch für die Poesie von Ringelnatz ist.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Kammer-Kummer“ des Autors Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1932 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Moderne oder Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 63 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Afrikanisches Duell“, „Alone“ und „Alte Winkelmauer“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kammer-Kummer“ weitere 560 Gedichte vor.

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