Joebbels von Kurt Tucholsky

Wat wärst du ohne deine Möbelpacker!
Die stehn, bezahlt un treu, so um dir rum.
Dahinter du: een arma Lauseknacker,
een Baritong fort Jachtenpublikum.
Die Weiber – hach – die bibbern dir entjejen
un möchten sich am liebsten uffn Boden lejen!
Du machst un tust und jippst da an …
Josef, du bist n kleener Mann.
 
Mit dein Klumpfuß – seh mal, bein andern
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da sacht ick nischt; det kann ja jeda ham.
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Du wißt als Recke durch de Jejend wandern
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un paßt in keen Schützenjrahm?
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In Sportpalast sowie in deine Presse,
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da haste eine mächtich jroße Fresse.
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Riskierst du wat? – De Schnauze vornean.
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Josef, du bist n kleener Mann.
 
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Du bist mit irgendwat zu kurz gekomm.
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Nu rächste dir, nu lechste los.
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Dir hamm se woll zu früh aus Nest jenomm!
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Du bist keen Heros, det markierste bloß.
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Du hast n Buckel, Mensch – du bist nich richtich!
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Du bist bloß laut – sonst biste jahnich wichtig!
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Keen Schütze – een Porzellanzerschmeißer,
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keen Führer biste – bloß n Reißer,
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Josef,
26 
du bist een jroßer Mann –!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.8 KB)

Details zum Gedicht „Joebbels“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
26
Anzahl Wörter
168
Entstehungsjahr
1931
Epoche
Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit,
Exilliteratur

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Joebbels“ ist vom deutschen Schriftsteller und Journalisten Kurt Tucholsky verfasst worden, der von 1890 bis 1935 lebte. Es stammt also aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ist in der Weimarer Republik entstanden. Der erste Eindruck lässt auf eine nicht sehr schmeichelhafte Beschreibung einer Person schließen, möglicherweise ist diese Person eine Figur der Zeitgeschichte.

Das lyrische Ich spricht in dem Gedicht in Berliner Mundart einen Mann an, dem es unter anderem Körperliche Mängel und mangelnden Mut vorwirft. Der Mann wird „Gelächter des Publikums“, „ärmlicher Lausbub“ genannt und sein Auftreten als klein hingestellt. Dabei wird seine Unfähigkeit zum Führen und seine fehlende Ehrlichkeit betont. Aus dem Kontext des Entstehungszeitraumes und dem Namen „Joebbels“ kann man schließen, dass es sich hier um eine satirische Darstellung von Joseph Goebbels, dem späteren Propagandaminister des Dritten Reichs handeln könnte.

Das Gedicht besteht hauptsächlich aus zweizeiligen Paarreimen mit einem regelmäßigen jambischen Versmaß. Dabei verwendet Tucholsky jedoch bewusst die umgangssprachliche Mundart und den Duktus der „einfachen Leute“, um seine Kritik volkstümlich und greifbar zu machen. Seine direkte Art der Anrede und die vulgäre Sprache zeigen den populistischen Stil Goebbels, den Tucholsky hier satirisch aufs Korn nimmt. Auch das wiederholte Motiv des „kleenen Mannes“ ist eine gezielte Demontage der Autoritätsperson Goebbels.

Zusammengefasst bietet das Gedicht „Joebbels“ eine pointierte und humoristisch unterlegte Kritik an Joseph Goebbels – vor allem an seiner rhetorischen Fassade und seinem mangelnden Mut. Tucholsky verwendet dabei geschickt volkstümliche Sprache und Reimstruktur, um seine satirische Absicht zu unterstreichen und die Figur Goebbels zu entmystifizieren.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Joebbels“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Kurt Tucholsky. Im Jahr 1890 wurde Tucholsky in Berlin geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1931 entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit oder Exilliteratur kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Tucholsky ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die wichtigsten geschichtlichen Einflüsse auf die Literatur der Weimarer Republik waren der Erste Weltkrieg, der von 1914 bis 1918 andauerte, und die daraufhin folgende Entstehung und der Fall der Weimarer Republik. Neue Sachlichkeit ist eine Richtung der Literatur der Weimarer Republik. In den ihr zugerechneten Werken ist die zwischen den Weltkriegen hervortretende Tendenz zu illusionslos-nüchterner Darstellung von Gesellschaft, Erotik, Technik und Weltwirtschaftskrise deutlich erkennbar. Dies kann man als Reaktion auf den literarischen Expressionismus werten. Die Dichter orientierten sich an der Realität. Die Handlung wurde meist nur kühl und distanziert beobachtet. Man schrieb ein Minimum an Sprache, dafür hatte diese ein Maximum an Bedeutung. Es sollten so viele Menschen wie möglich mit den Texten erreicht werden, deshalb wurde eine einfache sowie nüchterne Alltagssprache verwendet. Viele Schriftsteller litten unter der Zensur in der Weimarer Republik. Im Jahr 1922 wurde nach einem Attentat auf den Reichsaußenminister das Republikschutzgesetz erlassen, das die zunächst verfassungsmäßig garantierte Freiheit von Wort und Schrift in der Weimarer Republik deutlich einschränkte. Dieses Gesetz wurde in der Praxis nur gegen linke Autoren angewandt, nicht aber gegen rechte, die zum Beispiel in ihren Werken offen Gewalt verherrlichten. Das 1926 erlassene Schund- und Schmutzgesetz setze den Schriftstellern dieser Zeit noch mal verstärkt Grenzen. 1931 trat die Pressenotverordnung in Kraft, dadurch waren die Beschlagnahmung von Schriften und das Verbot von Zeitungen über mehrere Monate hinweg möglich geworden.

Zur Zeit des Nationalsozialismus mussten viele Autoren ins Ausland fliehen. Dort entstand die sogenannte Exilliteratur. Ausgangspunkt der Exilbewegung ist der Tag der Bücherverbrennung am 30. Mai 1933 im nationalsozialistischen Deutschland. Alle nicht-arischen Werke wurden verboten und symbolträchtig verbrannt. Daraufhin flohen viele Schriftsteller aus Deutschland. Die Exilliteratur der Literaturgeschichte Deutschlands bildet eine eigene Literaturepoche und folgt auf die Neue Sachlichkeit der Weimarer Republik. Die Exilliteratur lässt sich insbesondere an den typischen Themenschwerpunkten wie Sehnsucht nach der Heimat, Widerstand gegen Nazi-Deutschland oder Aufklärung über den Nationalsozialismus erkennen. Anders als andere Literaturepochen, die zum Beispiel bei der formalen Gestaltung (also in Sachen Metrum, Reimschema oder dem Gebrauch bestimmter rhetorischer Mittel) ganz charakteristische Merkmale aufweisen, ist die Exilliteratur nicht durch bestimmte formale Merkmale gekennzeichnet. Allerdings gab es einige neue Gattungen, die in dieser Literaturepoche geboren wurden. Das epische Theater von Bertolt Brecht oder auch die historischen Romane waren neue literarische Textsorten. Aber auch Flugblätter und Radioreden der Widerstandsbewegung sind hierbei als neue Textsorten zu erwähnen. Oftmals wurden die Texte auch getarnt, so dass sie trotz Zensur nach Deutschland gebracht werden konnten. Dies waren dann die sogenannten Tarnschriften.

Das 168 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 26 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Der Dichter Kurt Tucholsky ist auch der Autor für Gedichte wie „Also wat nu – ja oder ja?“, „An Lukianos“ und „An Peter Panter“. Zum Autor des Gedichtes „Joebbels“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 136 Gedichte vor.

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