Jene brasilianischen Schmetterlinge von Joachim Ringelnatz

Wie schön ihr angezogen seid!
Simpelfarbig ist unsere Menschenhaut
Und hat noch Hitzpickel am Gesicht.
Aber ich denke das ohne Neid.
Ihr renommiert wahrscheinlich auch nicht
Mit euren sonnenmetallischen Flügeln.
Sie sind euer einziges Kleid.
Ihr braucht es niemals zu bügeln.
Und wenn ich es täte, dann ginge
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Es sicher entzwei.
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Und euer Leben, ihr Schmetterlinge,
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Huscht sowieso wie ein Sternschnupp vorbei.
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Drum seid ihr Ochsen, wenn ihr’s nicht genießt.
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Dauernd saufen, naschen, geschlechtlich paktieren!
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Derart keine Zehntelsekunde verlieren!
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Bis euch der deutsche Professor aufspießt.
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– – – – – – – – – –
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Die europäischen Fernen
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Kennenzulernen,
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Was euch das Leben nie bot,
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Was ihr damals auch nie gewollt noch begriffen hättet, –
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Nun wär’s euch. – – Zwischen Gläser gebettet
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Leuchtet ihr so geduldig tot.
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Broschen seid ihr und Fächer.
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Ich habe aus euch einen Aschenbecher;
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Aber er tut mir so leid.
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Ich streue die Asche lieber daneben.
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Denn euch brachte das schöne Kleid
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Um euer junges, brasilianisches Leben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Jene brasilianischen Schmetterlinge“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
29
Anzahl Wörter
151
Entstehungsjahr
1923
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Jene brasilianischen Schmetterlinge“ stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller, der zwischen 1883 und 1934 lebte. Daher kann man das Gedicht in die Zeit der Weimarer Republik einordnen.

Schon beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht eine Mischung aus Bewunderung und Mitgefühl für die Schmetterlinge ausdrückt und gleichzeitig Kritik an der menschlichen Art und Weise, mit der Schönheit und Kurzlebigkeit der Schmetterlinge umzugehen, ausübt.

In einfachen Worten handelt das Gedicht davon, wie der Dichter das wunderschöne Aussehen der Schmetterlinge und die Freiheit ihres kurzen Lebens preist und es mit der Einfachheit und den Begrenzungen des menschlichen Daseins vergleicht. Der Dichter verurteilt das menschliche Verlangen, diese schönen und freien Kreaturen einzufangen und auszustellen, selbst für dekorative Zwecke und unterstreicht damit die Wertschätzung für ihr Leben und ihre Freiheit.

Auf der Ebene der Form und Sprache zeigt das Gedicht eine locker strukturierte, fast konversationelle Form, die beim Leser ein Gefühl der Nähe erzeugt. Die Wortwahl ist einfach und direkt und der Ton schwankt zwischen der Bewunderung für die Schmetterlinge und dem Bedauern ihrer Behandlung durch die Menschen.

Die Gedanken des lyrischen Ichs fließen relativ frei, es gibt keine strikte Reimstruktur oder ein festes Metrum. Dies spiegelt wahrscheinlich die Natur der Schmetterlinge wider, die der Dichter so stark bewundert – frei, flüchtig und ungebunden.

Es ist ein deutlicher Sozialkommentar des lyrischen Ichs zu erkennen, der die gedankenlose Ausbeutung der Schönheit der Natur durch den Menschen kritisiert. Die emphatische Darstellung der kurzen, aber vollen Existenz der Schmetterlinge dient als Kontrast zur gedankenlosen Vernichtung ihres Lebens für den menschlichen Gebrauch und Genuss.

Inspiriert ist das Gedicht wahrscheinlich von der Zeit der Kolonialisierung und der Ausbeutung von Ressourcen und Artenvielfalt aus Ländern wie Brasilien, die oft als exotisch und fremd angesehen wurden. Es kann auch als Kritik an der Wissenschaft und dem Streben nach Wissen auf Kosten der Natur und ihrer Bewohner verstanden werden, repräsentiert durch die Figur des „deutschen Professors“.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Jene brasilianischen Schmetterlinge“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1923 ist das Gedicht entstanden. München ist der Erscheinungsort des Textes. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 29 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 151 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „...als eine Reihe von guten Tagen“, „7. August 1929“ und „Abendgebet einer erkälteten Negerin“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Jene brasilianischen Schmetterlinge“ weitere 560 Gedichte vor.

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