Jahreswende von Ludwig Thoma

Ich lob’ es nicht, das alte Jahr,
Ich schimpf’ es nicht. So wie es war,
So wie es jetzt noch vor uns steht,
Ehdenn es ganz von hinnen geht,
Verbraucht und alt, die Taschen voll
Von unerfüllten Wünschen, soll
Es meinethalb vergessen sein!
 
Das neue tänzelt nun herein,
Mit falschem Lächeln im Gesicht,
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Die Augen leuchtend, und verspricht
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Dem einen dies, dem andern das,
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Und allen viel, und jedem was
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Und spitzt das Maul, ist zuckersüß,
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Das richtige Spinatgemüs!
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Dem sag’ ich – gebt mir erst noch Punsch! –,
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Dem sag’ ich: Ich hab’ keinen Wunsch.
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Bring, was du mußt, nicht, was ich mag,
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Und fahre ab am letzten Tag!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Jahreswende“

Autor
Ludwig Thoma
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
108
Entstehungsjahr
nach 1883
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Jahreswende“ wurde vom deutschen Schriftsteller Ludwig Thoma verfasst, der von 1867 bis 1921 lebte. Demnach lässt sich das Gedicht zeitlich in die späte Epoche des Realismus oder dem Übergang zur Moderne einordnen.

Der erste Eindruck des Gedichts erzeugt ein Gefühl der Neutralität und Skepsis gegenüber dem Jahreswechsel. Die Stimmung ist nicht unbedingt freudig oder hoffnungsvoll für das neue Jahr, sondern vermittelt eher eine resignierte Stimmung.

In seinem Gedicht nimmt Thoma eine neutral-kritische Position zum alten wie auch zum neuen Jahr ein. Er beschreibt das alte Jahr als verbraucht, voll mit unerfüllten Wünschen und sagt es soll seiner Meinung nach vergessen sein. Das neue Jahr wird als trügerisch und vielversprechend dargestellt mit einem falschen Lächeln und leuchtenden Augen. Dem neuen Jahr gibt er keine Wunschliste, sondern sagt ihm nur, es solle bringen, was es muss.

Die Analyse der Form und Sprache zeigt, dass Thoma in freien Versen formuliert. Es gibt keine festen Reime oder eine eindeutige Silbenzahl in den Versen. Seine Sprache ist bildhaft und zugleich ironisch-kritisch. So zeichnet er das Bild vom neuen Jahr, das wie eine tanzende Person mit falschem Lächeln gesehen wird und nur scheinbar viel verspricht. Mit dem Ausdruck „Das richtige Spinatgemüs“ entwickelt er eine negative Metapher für die Versprechungen des neuen Jahrs, die im Kontrast zu dem „zuckersüßen“ Mund des Jahres steht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Thoma in seinem Gedicht „Jahreswende“ eine ambivalente Sicht auf den Jahreswechsel zum Ausdruck bringt. Weder das alte Jahr verdient Lob oder Schimpfe noch das neue Jahr erhält Wünsche oder Hoffnungen. Stattdessen herrscht eine Stimmung des Resignierens und der Skepsis vor.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Jahreswende“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Ludwig Thoma. Geboren wurde Thoma im Jahr 1867 in Oberammergau. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1883 und 1921. Erschienen ist der Text in München. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus, Avantgarde / Dadaismus oder Literatur der Weimarer Republik / Neue Sachlichkeit zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 108 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Der Dichter Ludwig Thoma ist auch der Autor für Gedichte wie „Eröffnungshymne“, „Fürstensorgen“ und „Karneval“. Zum Autor des Gedichtes „Jahreswende“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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