In der Vorstadt von Rudolf Lavant

In finstrer Nacht, durch koterfüllte Gassen,
In dem Kanalgewirr und unter Bäumen
Der dumpfe Taktschritt ungesehner Massen,
Ein stöhnend Atmen wie aus wüsten Träumen!
Gespenstisch alles! Nur ein Lichtlein wacht -
Das ist der Vormarsch der Armee der Nacht!
 
Die Wunden all, die durch die Nacht Vertierten,
Die da in Höhlen und in Gruben wohnen,
Die Frau’n, die tränenlos ins Dunkel stierten,
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Sie ziehen alle mit uns wie Dämonen.
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Schließt eure Reihn! Welch blanker Schimmer lacht?
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Die Bajonette der Armee der Nacht!
 
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Mann, Weib und Kind, so kommen wir gezogen,
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In erzner Säule, schweigend und gewaltsam.
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Es drängen sich die Reihn wie Meereswogen,
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Düster und feierlich und unaufhaltsam.
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Der Dämm’rung zu, die leis im Ost entfacht,
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Wälzt sich die drohende Armee der Nacht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „In der Vorstadt“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
nach 1860
Epoche
Realismus,
Naturalismus,
Moderne

Gedicht-Analyse

Autor des vorliegenden Gedichts ist Rudolf Lavant, ein deutscher Schriftsteller, der von 1844 bis 1915 lebte. Das Gedicht kann somit der Epoche des Realismus zugeordnet werden, welche von 1848 bis etwa 1890 dauerte.

Auf den ersten Blick lässt das Gedicht eine düstere, fast bedrohliche Atmosphäre erkennen, in der Form und Inhalt eng miteinander verwoben sind.

Das Gedicht besteht aus drei Strophen zu je sechs Versen und beschreibt eine nächtliche Szenerie in einer Vorstadt. Das lyrische Ich wird als Teil einer „Armee der Nacht“ dargestellt, die sich durch dunkle, schmutzige und verwirrende Straßen und Kanäle bewegt. Diese „Armee“ besteht aus allen möglichen Menschen: Männern, Frauen, Kindern - alle ziehen sie mit. Sie werden beschrieben mit Begriffen, die an eine Armee erinnern: Sie marschieren, ihre Reihen drängen sich wie Meereswellen, sie sind still und gewalttätig, unaufhaltsam.

Die Aussage des lyrischen Ichs scheint eine deutliche Kritik an den ärmlichen Lebensbedingungen der unteren Gesellschaftsschichten zu sein. Das Bild einer düsteren, nächtlichen Armee könnte symbolisch für die Unterdrückung und das Elend dieser Menschen stehen, die in „Höhlen und Gruben“ leben und „tränenlos ins Dunkel“ starren. Der Aufruf „Schließt eure Reihn!“ kann als Aufruf zur Solidarität und zum Kampf gegen diese Ungerechtigkeiten interpretiert werden.

Form und Sprache des Gedichts unterstützen diese Interpretation. Die verwendete Metaphorik und das dunkle Ambiente lassen eine düstere Stimmung entstehen. Die sprachlichen Bilder und der sich wiederholende Refrain „Armee der Nacht“ verstärken den Eindruck von Bedrohung und Unterdrückung.

Insgesamt lässt sich das Gedicht als gesellschaftskritische Kommentierung der ärmlichen Lebensverhältnisse und der Klassenunterschiede in der Zeit des Realismus interpretieren. Es kann auch als metaphorischer Aufruf zum Kampf gegen diese Ungerechtigkeiten gesehen werden.

Weitere Informationen

Rudolf Lavant ist der Autor des Gedichtes „In der Vorstadt“. 1844 wurde Lavant in Leipzig geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1860 bis 1915 entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Realismus, Naturalismus, Moderne, Expressionismus oder Avantgarde / Dadaismus zuordnen. Prüfe bitte vor Verwendung die Angaben zur Epoche auf Richtigkeit. Die Zuordnung der Epochen ist auf zeitlicher Ebene geschehen. Da sich Literaturepochen zeitlich überschneiden, ist eine reine zeitliche Zuordnung häufig mit Fehlern behaftet. Das vorliegende Gedicht umfasst 125 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Der Dichter Rudolf Lavant ist auch der Autor für Gedichte wie „An die alte Raketenkiste“, „An unsere Feinde“ und „An unsere Gegner“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „In der Vorstadt“ weitere 96 Gedichte vor.

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