Im alten Hause von Rainer Maria Rilke

Im alten Hause; vor mir frei
seh ich ganz Prag in weiter Runde;
tief unten geht die Dämmerstunde
mit lautlos leisem Schritt vorbei.
 
Die Stadt verschwimmt wie hinter Glas.
Nur hoch, wie ein behelmter Hüne,
ragt klar vor mir die grünspangrüne
Turmkuppel von Sankt Nikolas.
 
Schon blinzelt da und dort ein Licht
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fern auf im schwülen Stadtgebrause. –
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Mir ist, daß in dem alten Hause
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jetzt eine Stimme ›Amen‹ spricht.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.9 KB)

Details zum Gedicht „Im alten Hause“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
69
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Im alten Hause“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, einem prominenten Vertreter der lyrischen Moderne, der von 1875 bis 1926 lebte. Es entstand also irgendwann im späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert. Auf den ersten Blick entführt das Gedicht den Leser in eine ruhige, fast meditative Szenerie, die durch Ausblicke auf die Stadt Prag und die hereinbrechende Dämmerstunde geprägt ist.

Inhaltlich steht das lyrische Ich in einem alten Haus und beobachtet die Stadt Prag in der Dämmerung. Es nimmt sowohl den langsamen Schrittes der Dämmerstunde wahr, als auch die vernebelte Sicht auf die Stadt, wobei die Turmkuppel von Sankt Nikolas markant hervorsticht. Das lyrische Ich spürt die Atmosphäre der Stadt, als es Lichter blinken sieht und das Geräusch des städtischen Leben vernimmt. Schließlich fühlt es die Präsenz einer untergegangenen Ära in dem alten Haus, als ob eine Stimme „Amen“ sprechen würde. Vielleicht deutet das lyrische Ich an, dass über das Haus oder die Stadt eine Art von Abschied oder Ende gekommen ist.

Das Gedicht hat eine klare Struktur und besteht aus drei Strophen von je vier Versen. Dies verleiht ihm formale Harmonie und Klarheit. Die Sprache ist konzis und bildhaft, mit Bildern wie der „lautlos leisen Dämmerstunde“, „der Stadt hinter Glas“ und „dem behelmten Hüne“ der Kirche. Rilke nutzt Harmonie und Rhythmus, um den Geisteszustand des lyrischen Ichs widerzuspiegeln und eine Stimmung von Stille, Nachdenklichkeit und Abschied zu erzeugen.

Insgesamt ist das Gedicht „Im alten Hause“ von Rilke ein stimmungsvolles lyrisches Portrait einer Stadt im Wechsel des Tages, das auch eine gewisse Melancholie und das Bewusstsein vergänglicher Schönheit vermittelt. Es offenbart die Fähigkeit des Dichters, tiefe Gefühle und Beobachtungen in präzise und kraftvolle Sprache zu übersetzen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Im alten Hause“ des Autors Rainer Maria Rilke. 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1891 bis 1926 entstanden. Der Erscheinungsort ist Frankfurt am Main. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 69 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke sind „Absaloms Abfall“, „Adam“ und „Advent“. Zum Autor des Gedichtes „Im alten Hause“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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