Im Zwiespalt von Paul Haller
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Ich habe oft im Widerstreit gerungen, |
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Wenn mir das Höchste tief, das Tiefste hoch erschien; |
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Ich habe manchen heißen Wunsch bezwungen, |
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Bis ich geworden war, was ich nun bin. |
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Es ist nicht immer friedlich hergegangen, |
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Bis ich den herben Ernst zum Lebensführer nahm; |
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Es starb zuerst ein jugendwild Verlangen, |
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Das aus der Triebe Abgrundtiefe kam. |
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Oft steh ich still auf meinen Wanderwegen, |
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Fernhin zu lauschen einem scheuen Zweifelswort. |
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Es klingt mir aus dem Menschentritt entgegen |
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Und treibt mich in die Waldeshöhen fort. |
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Da kann ich’s von den hohen Buchen lesen, |
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Es sei mein neues Tun ein hohler Schein |
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Du bist noch immer, was du stets gewesen; |
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Du bist es nicht, du mußt nur anders sein. |
Details zum Gedicht „Im Zwiespalt“
Paul Haller
4
16
116
nach 1898
Naturalismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Im Zwiespalt“ wurde von Paul Haller verfasst. Paul Haller ist ein Schweizer Schriftsteller, der vom späten 19. bis zum frühen 20. Jahrhundert lebte. Dank seines Lebensdatums können wir das Gedicht zeitlich in die Epoche der literarischen Moderne einordnen, wobei es auch Merkmale des Naturalismus aufweist.
Das Gedicht hinterlässt zunächst einen beklemmenden Eindruck, geprägt von Konflikten, Unsicherheit und Selbstzweifeln des lyrischen Ichs.
Inhaltlich beschäftigt sich das Gedicht mit inneren Konflikten und der persönlichen Entwicklung oder Veränderung des lyrischen Ichs. Das Gegenüberstellen von „Höchstem“ und „Tiefstem“, sowie „Zweifel“ und „Herber Ernst“ deutet auf diesen innerseelischen Konflikt hin. Das lyrische Ich ringt mit sich selbst, unterdrückt Wünsche, folgt einem strengen Lebensprinzip und beschreitet harte Wege. Trotzdem wird es nochmal von Zweifeln heimgesucht, die es dazu zwingen, sich zurückzuziehen und über seine Entscheidungen und sein bisheriges Leben nachzudenken. Gegen Ende erhält es die Botschaft, dass Veränderungen trotz des scheinbaren Fortschritts noch notwendig seien.
Bezüglich der Form und Sprache des Gedichts ist zu bemerken, dass es in vier gleichlange Strophen unterteilt ist, die jeweils inhaltlich eine spezifische Phase im Reifungsprozess des lyrischen Ichs repräsentieren. Die Sprache ist relativ einfach und unverschnörkelt, aber durchsetzt von Bildern aus der Natur und Körperlichkeit (Waldeshöhen, Menschentritt, Triebe, Wanderwege), die die innere Landschaft des lyrischen Ichs spiegeln. Trotz der Einfachheit der Sprache gelingt es Haller, intensive Gefühle und innere Konflikte zu vermitteln, was seine meisterhafte Beherrschung der lyrischen Kunstform zeigt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Im Zwiespalt“ das Ringen um persönliche Reife und Selbstfindung darstellt. Es illustriert den inneren Kampf zwischen Verlangen und Vernunft und die Suche nach dem wahren Selbst. Jede Strophe symbolisiert die Etappen dieser Reise und endet mit der Erkenntnis, dass Veränderung unausweichlich ist, um Wachstum zu ermöglichen.
Weitere Informationen
Paul Haller ist der Autor des Gedichtes „Im Zwiespalt“. Geboren wurde Haller im Jahr 1882 in Rein bei Brugg. Das Gedicht ist in der Zeit von 1898 bis 1920 entstanden. In Aarau ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Naturalismus zu. Bei dem Schriftsteller Haller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 116 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Paul Haller sind „An die blasse Sonne I“, „An die blasse Sonne II“ und „An die strahlende Sonne“. Zum Autor des Gedichtes „Im Zwiespalt“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.
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Zum Autor Paul Haller sind auf abi-pur.de 65 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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