Im Sommer von Rainer Maria Rilke
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Im Sommer trägt ein kleiner Dampfer |
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auf Moldauwogen uns nach Zlichov |
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zu jenem Kirchlein, hoch und frei. |
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Im blauen Nebel schwindet Smichov; – |
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zur Rechten Flächen braun von Ampfer, |
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zur Linken stolz die ›Loreley‹. |
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Wir legen an; und sieh, ein Alter |
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begrüßt uns leiernd: »Hej, Slované!« |
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Am Friedhofsrand dann lehnen wir. |
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Hoch blaut des Himmels Prachtzyane, |
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und unser Träumen hebt, ein Falter, |
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auf Sonnenflügeln sich zu ihr. |
Details zum Gedicht „Im Sommer“
Rainer Maria Rilke
2
12
66
nach 1891
Moderne
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Im Sommer“ stammt aus der Feder des international bekannten, österreichischen Autors Rainer Maria Rilke. Rilke wurde 1875 geboren und starb 1926, sodass man ihn dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zuordnen kann, seiner Autorenschaft fällt also in die Epoche des „Fin de Siècle“ und Expressionismus.
Der erste Eindruck des Gedichts ist durch eine insgesamt harmonische, eher ruhige Stimmung geprägt. Es scheint eine sommerliche Idylle zu beschreiben, in der man einen Ausflug auf einem Fluss genießt.
Inhaltlich erzählt das lyrische Ich von einer Schiffsfahrt im Sommer auf dem Fluss Moldau, die in der tschechischen Stadt Zlichov endet. Dort besichtigen die Reisenden ein Kirchlein auf einem Hügel und treten danach einen Friedhof am Rand der Stadt. Ein alter Mann begrüßt sie mit tschechischen Worten ('Hej, Slované!', was soviel wie 'Hallo, Slawen' bedeutet). Zum Schluss wirft das lyrische Ich einen Blick in den blauen Himmel, in dem es das Element des Träumens verkörpert sieht.
Aus der Perspektive des lyrischen Ichs wird ein tiefer Respekt und eine Wertschätzung für die Natur, die Geschichte und Kultur des Ortes sichtbar. Die Reise scheint eine Sinnsuche zu sein und ein willkommenes Eintauchen in eine friedliche und ruhige Welt abseits des Alltags.
Formal besteht das Gedicht aus zwei Strophen mit jeweils sechs Versen. Sie sind in freien Versen verfasst, es gibt kein festes Reimschema. Dennoch ist die Sprache sehr bildhaft und farbenprächtig. Die „Sonnenflügel“, der „blaue Nebel“ deutet darauf hin, dass Rilke die Landschaften mit besonderer Sorgfalt und Aufmerksamkeit schildert. Es wird auch eine entschleunigte Wahrnehmung der Dinge suggeriert. Rilkes Sprache bleibt dabei stets feinsinnig und pointiert.
Die Szenerie des Gedichts mit seinen landschaftlich-kulturellen Bezügen könnte auch darauf hinweisen, dass Rilke hier seine eigene Bindung an die böhmische Heimat darstellt. Seine Anspielung auf die 'Loreley' scheint einerseits eine romantische Idealisierung zu sein, andererseits könnte es auch eine Verbindung zur deutschen literarischen Tradition symbolisieren. Es scheint eine Art Sehnsucht nach einer heilen Welt auszudrücken, und einem einfachen, ruhigen Leben, das im Einklang mit Natur und Kultur steht.
Weitere Informationen
Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Im Sommer“. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1891 und 1926. In Frankfurt am Main ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Moderne zu. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 66 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Rainer Maria Rilke sind „Adam“, „Advent“ und „Allerseelen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Im Sommer“ weitere 338 Gedichte vor.
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