Im Nebel von Paul Haller

Fern im Hinterland wohnt die Unendlichkeit.
Ihrem Zaun entsprungen wandr’ ich fleißig
Jahre schon auf dieser grünen Erde,
Such mir eine Hütte, drin zu wohnen.
 
Einsamkeit umwallt die scheuen Füße,
Die ich zögernd in den Nebel setze.
Nebel hinten – wo entsprang mein Wandern?
Neben vorn – wo endet meine Straße?
 
Einer Glocke Schwingen schwebt herüber,
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Einer einz’gen. Doch die Harmonien
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Singen hoch und tiefer in den Lüften.
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Glocke, sag mir doch, wo magst du bangen?
 
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Lehnt an deinen Turm mit Wein umsponnen
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Grün das Haus, der mild gepflegte Garten?
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Steht die Bank am Tisch, mich zu empfangen?
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Ruht schon die Ersehnte in der Türe?
 
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Rascher jagen Bäume gleich Armeen
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Drohender Krieger jetzt im Feld vorüber,
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Suchen mich vom rechten Pfad zu scheuchen.
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Aber munter folg ich stets der Glocke.
 
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Tastend durch die grauen Einsamkeiten
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Such ich rüstig, wo das Tal sich lichtet;
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Fern den Menschen, nur mir selber nahe,
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Doch den lieben Glockenton im Herzen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Im Nebel“

Autor
Paul Haller
Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
155
Entstehungsjahr
nach 1898
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

„Im Nebel“ ist ein Gedicht des Autors Paul Haller, der zwischen 1882 und 1920 lebte. Dies ermöglicht eine zeitliche Einordnung in das frühe 20. Jahrhundert.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht eher schwermütig und nachdenklich, geprägt von dunklen Metaphern und Symbolen wie dem Nebel, der Unendlichkeit und der Einsamkeit.

Grundsätzlich handelt das Gedicht von einer metaphysischen Reise. Das lyrische Ich beschreibt seine Wanderung durch den Nebel, seine Konfrontation mit der Unendlichkeit und seiner lokalen und geistigen Suche nach einem Zuhause. Es scheint, als ob das lyrische Ich nach etwas Bestimmtem sucht – nach einem Ort, an dem es sich heimisch fühlen kann, sei es ein physisches Zuhause oder ein geistiger Zustand. Der Nebel stellt dabei sowohl eine physische als auch eine metaphorische Barriere dar: eine physische Barriere, weil er das lyrische Ich daran hindert, seinen Weg klar zu sehen; und eine metaphorische Barrier, weil er symbolisch auf den geistigen Zustand des lyrischen Ichs hinweist, auf seine Verwirrung, Unsicherheit und geistige Ernüchterung.

Das Gedicht besteht aus sechs vierzeiligen Strophen, die jeweils in Versform geschrieben sind. Die Metaphern und Symbole, die Haller in seinem Gedicht verwendet, sind sowohl kraftvoll als auch suggestiv. Der Nebel zum Beispiel ist ein wiederkehrendes Motiv, das sowohl die Schwierigkeiten der Navigation in einer ungewissen, verwirrenden Welt symbolisiert, als auch eine Metapher für die Unklarheit und das Mysterium des Lebens und der Suche nach Bedeutung ist.

Die Sprache des Gedichts ist eher einfach und unverschnörkelt, ohne komplexe Wortwahl oder Satzstrukturen. Dies kann darauf hinweisen, dass das lyrische Ich seine Gedanken und Empfindungen direkt und ungefiltert ausdrückt, was dem Gedicht einen ehrlichen und authentischen Charakter verleiht. Gleichzeitig ist die Sprache aber auch sehr visuell und bildhaft, sodass der Leser das Gedicht leicht vor seinem inneren Auge sehen kann.

Insgesamt ist „Im Nebel“ ein tiefgründiges und meditatives Gedicht, das den Leser zum Nachdenken und Nachsinnen einlädt. Es thematisiert universelle menschliche Erfahrungen wie die Suche nach Bedeutung, das Gefühl der Verlorenheit und die Konfrontation mit der Unendlichkeit und Schönheit der Natur.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Im Nebel“ ist Paul Haller. Der Autor Paul Haller wurde 1882 in Rein bei Brugg geboren. In der Zeit von 1898 bis 1920 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Aarau. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Naturalismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Haller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 155 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Die Gedichte „An die Mutter“, „An die blasse Sonne I“ und „An die blasse Sonne II“ sind weitere Werke des Autors Paul Haller. Zum Autor des Gedichtes „Im Nebel“ haben wir auf abi-pur.de weitere 65 Gedichte veröffentlicht.

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