Im Flughafen Oberwiesenfeld von Joachim Ringelnatz

Am Flugplatz vor der Restauration
Sitzen wir morgens im Garten,
Trinken Whisky und warten. –
Ein Russe singt aus dem Grammophon.
 
Flugzeuge landen von Zeit zu Zeit
Und jedes aus anderer Gegend.
Ich höre, daß es in Bozen schneit
Und daß es in Hamburg regnet.
 
Ich hab eine arktische Landschaft gemalt.
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Ein Herr hat das Bild gekauft und bezahlt,
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Und ich weiß, daß er darauf wartet.
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Wir setzen das Bild – als wär es ein Hauch –
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Ganz zart in eines Flugzeuges Bauch.
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Und nun: Dieses Flugzeug startet.
 
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Flieg wohl, du Junkers, du stolzer,
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Mit meinem eiskalten Bild im Leib!
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Grüß Zürich, Hügin und dessen Weib
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Und euren Herrn Mittelholzer!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Im Flughafen Oberwiesenfeld“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
107
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Im Flughafen Oberwiesenfeld“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Da der Flughafen Oberwiesenfeld, der heutige Olympiapark München, bis 1939 in Betrieb war, kann das Gedicht zeitlich in die ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts eingeordnet werden.

Die erste Impression des Gedichts ist seine eingängig-leichte Atmosphäre. Es entsteht eine entspannte Szenarie von Menschen, die einen Drink genießen und auf ein Flugzeug warten.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich eine Begebenheit am Flughafen Oberwiesenfeld. Es wartet in der frühen Tageszeit, trinkt Whisky und beobachtet die ankommenden und abfliegenden Flugzeuge. Gleichzeitig hört es Musik und bekommt mit, wie das Wetter in verschiedenen Städten ist. Im weiteren Verlauf wird erzählt, dass das lyrische Ich ein Bild mit einer arktischen Landschaft gemalt hat, das verkauft wurde und nun verschickt werden soll. Es ist ein Moment des Abschieds: Das Bild wird sorgfältig verpackt und in ein Flugzeug verladen. Der Flugzeugtyp „Junkers“ und die namentliche Erwähnung von „Hügin“ und „Mittelholzer“ ermöglichen dabei eine historische Verortung der Handlung.

In Form und Sprache zeigt sich Ringelnatz typischer Humor und eine starke visuelle Kraft. Die scheinbar alltägliche Szene wird mit spielerischer Leichtigkeit zum Leben erweckt. Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils vier bis sechs Versen. Der Reim ist insgesamt locker gehalten und wirkt nicht erzwungen, was den einfachen und natürlichen Ton des Gedichts unterstreicht. Bemerkenswert ist zudem der Kontrast zwischen der gelassenen Atmosphäre und der modernen Technologie der Luftfahrt, die Ringelnatz auf sinnliche und fast schon sehnsüchtige Weise wahrnimmt. Das künstlerisch geschaffene Werk wird der technischen Errungenschaft anvertraut, es ist ein Abschied von etwas Geschaffenem, aber auch Vorfreude darauf, wo es als Nächstes auftauchen wird.

Insgesamt lässt sich sagen, dass das Gedicht eine Atmosphäre zwischen Loslassen und Verbindung, zwischen kreativem Schaffen und technischen Fortschritt einfasst und poetisch zu einer schlüssigen Einheit verbindet. Es spiegelt damit die epochale Stimmung des frühen 20. Jahrhunderts wider.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Im Flughafen Oberwiesenfeld“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1929 zurück. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 107 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Afrikanisches Duell“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Im Flughafen Oberwiesenfeld“ weitere 560 Gedichte vor.

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