Idyll von Frank Wedekind

Zum Kellner sprach die Kellnerin:
Mir wird so sonderbar zu Sinn,
Ich finde mich ganz verändert.
Wie bin ich Ärmste doch bisher
Empfindungsbar, gedankenleer
Durchs Gastlokal geschlendert!
 
Nun möcht’ ich jauchzen und möchte schrein,
Möcht’ leise wimmern und selig sein
Und sehne mich fort ins Weite;
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Ich sehne mich tief in die Einsamkeit,
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Und trotzdem wird mir so weich, so weit,
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So wohlig an deiner Seite.
 
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O Kellnerknabe, sag an, sag an,
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Was hast du Böser mir angetan;
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Meine Friede liegt in Scherben.
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Mir ahnt ein Glück, ich ermess’ es nicht,
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Ich fluche sein, ich vergess’ es nicht,
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Ich möchte am liebsten sterben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Idyll“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
103
Entstehungsjahr
1905
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Idyll“ wurde von Frank Wedekind geschrieben, einem deutschen Schriftsteller und Schauspieler, der von 1864 bis 1918 lebte. Wedekind war bekannt für seine oft provokativen und kritischen Werke, die sich gegen Prüderie und Bigotterie, aber auch gegen den Deutschen Kaiser richteten.

Der erste Eindruck des Gedichtes könnte aufgrund der Einfachheit und Klarheit der Sprache als recht direkt und unkompliziert wahrgenommen werden. Mit der Darstellung alltäglicher Berufe wie Kellner und Kellnerin führt Wedekind den Leser direkt in eine Geschichte ein, die sich in einem einfachen, alltäglichen Umfeld abspielt - einem Gastlokal.

Das lyrische Ich im Gedicht ist eine Kellnerin, die sich neuen, starken Gefühlen gegenübersteht. Sie drückt im Gespräch mit dem Kellner aus, dass sie Veränderungen in sich bemerkt (Strophe 1), diese Veränderungen scheinen überwältigend und stürmisch zu sein, da sie gleichzeitig verschiedene intensive Gefühle erlebt - sie möchte jauchzen und schreien, aber auch leise wimmern, sie fühlt sich wohl bei dem Kellner und sehnt sich dennoch nach Einsamkeit (Strophe 2).

Im letzten Abschnitt beschuldigt sie den Kellner, ihr Unruhe gebracht zu haben. Obwohl sie sich ein Glück vorstellen kann, das sie jedoch nicht wirklich begreifen kann, so ist ihre innere Ruhe doch gestört und sie flüchtet sich in den Gedanken an Tod und Sterben.

Was die Form betrifft, ist das Gedicht in drei Strophen von jeweils sechs Versen unterteilt. Die Sprache ist einfach und klar, mit einer lebendigen emotionalen Ausdruckskraft, die durch die Verwendung einer Vielzahl kontrastierender Bilder verstärkt wird - etwa der Gegensatz zwischen jauchzen und schreien und leise wimmern, oder zwischen Wohlsein und Sehnsucht nach Einsamkeit.

Insgesamt könnte gesagt werden, dass Wedekind in diesem Gedicht sehr direkt und kraftvoll die inneren Erfahrungen des lyrischen Ichs darstellt und damit eine eindrucksvolle Darstellung der Unberechenbarkeit und Intensität von menschlichen Gefühlen schafft. Dies könnte als kritischer Kommentar zu den sozialen Konventionen seiner Zeit verstanden werden, in der Emotionen oft unterdrückt oder tabuisiert wurden.

Mit diesem Gedicht könnte Wedekind also dazu aufrufen, die menschliche Emotionalität in all ihrer rohen und ungezähmten Natur zu akzeptieren und zu schätzen, anstatt sie zu zähmen oder zu verstecken. Es erinnert uns daran, dass Gefühle, ob stürmisch oder ruhig, Teil des Menschseins sind und nicht etwas, wovor man sich fürchten oder das man leugnen sollte.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Idyll“ ist Frank Wedekind. Der Autor Frank Wedekind wurde 1864 in Hannover geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1905 zurück. Der Erscheinungsort ist München. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei Wedekind handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 103 Worte. Frank Wedekind ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied“, „Abschied“ und „Albumblatt“. Zum Autor des Gedichtes „Idyll“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 114 Gedichte vor.

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