Hätt’ er’s gewußt von Marceline Desbordes-Valmore

Hätt’ er’s gewußt, wie tief er mich verwundert,
Ihr heißen Thränen, hätt’ er euch geseh’n,
O hätte nur dies Herz, von ihm erfüllet,
Die Macht behalten, ihm es zugesteh’n;
Unmöglich hätt’ er so sich ändern können;
Getäuschte Hoffnung brächt’ ihm keine Luft;
So reiche Liebe müßt’ ihn doch besiegen,
Hätt’ er’s gewußt.
 
Hätt’ er’s gewußt, was man erwarten dürfe,
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Von einer Seele, rein, warm, nie versteckt;
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Die meine fordert’ er, es zu erfahren,
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Und Liebe kennt’ er, wie er sie geweckt.
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Wohl künden ihm es die gesenkten Blicke,
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Hat er es nicht durch meine Schaam gewußt?
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Werth war ein solch Geheimniß seiner Seele,
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Hätt’ er’s gewußt.
 
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O hätt’ ich selbst gewußt, wie seine Augen
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Beherrschen, wenn sie einmal faßt der Blick;
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Statt ihn zu suchen, wie die Luft des Himmels,
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In and’re Länder trüg’ ich mein Geschick.
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Es ist zu spät, mein Daseyn zu erneuen,
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Das Leben kostet mich die süßte Lust.
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Doch er, der mir es raubt, wird seufzend klagen:
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Hätt’ ich’s gewußt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Hätt’ er’s gewußt“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
172
Entstehungsjahr
1848
Epoche
Biedermeier,
Junges Deutschland & Vormärz,
Realismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht wurde von Marceline Desbordes-Valmore (1786 – 1859) verfasst, einer französischen Dichterin und Autorin. Die zeitliche Einordnung leitet sich aus den Lebensdaten der Autorin ab, sie war eine Vertreterin der Romantik.

Der erste Eindruck des Gedichts ist melancholisch und emotional. Es ist geprägt von einer starken emotionalen Tiefe und einem Hauch von Romantik und Sehnsucht.

Inhaltlich handelt es von den Gefühlen und Gedanken einer Person, vermutlich einer Frau (ausgehend von der Autorin), die Zuneigung und Liebe zu einer anderen Person empfindet. Diese Gefühle scheinen jedoch nicht erwidert zu werden. Die wiederholte Phrase „Hätt’ er’s gewußt“ suggeriert, dass der Geliebte Unwissenheit über die tiefen Gefühle des lyrischen Ichs zeigt. Das lyrische Ich drückt Reue und Bedauern aus, dass sie ihre Gefühle nicht offen ausgedrückt hat - sie glaubt, dass ihr Geliebter anders gehandelt hätte, hätte er von ihren Gefühlen gewusst.

Die Form des Gedichts ist in drei Strophen mit jeweils acht Versen unterteilt. Jede Strophe endet mit der wiederholten Phrase „Hätt’ er’s gewußt.“ - ein wirksames Stilmittel, um die zentrale Botschaft des Gedichts zu betonen und zu unterstreichen.

Die Sprache des Gedichts ist gefühlsbetont und bildlich. Die intensive und leidenschaftliche Emotion wird durch eine Sprache der Sinne verdeutlicht, insbesondere durch Blicke und Tränen, die als Metaphern für Liebe und Schmerz genutzt werden. Durch die Wiederholung der Konjunktionen „hätte“ und „würde“ wird eine Stimmung der Reue und des Bedauerns erzeugt.

Zusammenfassend handelt es sich bei diesem Gedicht um eine ausdrucksstarke lyrische Besinnung auf verpasste Chancen und unausgesprochene Gefühle. Die Emotionen von Reue, Bedauern und unerwiderter Liebe werden durch starke Bildsprache und Wiederholungen effektiv vermittelt.

Weitere Informationen

Marceline Desbordes-Valmore ist die Autorin des Gedichtes „Hätt’ er’s gewußt“. Geboren wurde Desbordes-Valmore im Jahr 1786 in Douai. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1848. In Leipzig ist der Text erschienen. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten der Autorin her kann der Text den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus zugeordnet werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Basis geschehen. Bitte überprüfe unbedingt die Richtigkeit der Angaben bei Verwendung. Das vorliegende Gedicht umfasst 172 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Weitere Werke der Dichterin Marceline Desbordes-Valmore sind „Erinnerung“ und „Ich weiß nicht mehr“. Zur Autorin des Gedichtes „Hätt’ er’s gewußt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de keine weiteren Gedichte vor.

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