Hoffnung von Erich Mühsam

Von meiner Hoffnung laß ich nicht,
ich ließe denn mein Leben,
daß einmal noch das Weltgericht
ein Lächeln muß umschweben.
 
Und kann es nicht durch Gott geschehn,
daß sich die Menschheit liebe,
so muß es mit dem Teufel gehn,
dem sich die Welt verschriebe.
 
Der Teufel hol Gesetz und Zwang
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samt allen toten Lettern!
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Er leih dem Geiste Mut und Drang,
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die Tafeln zu zerschmettern!
 
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Am Anfang trennte Gottes Rat
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die Guten von den Bösen.
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Am Ende steht die Menschentat,
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den Gottesbann zu lösen.
 
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Stumm starrt der Weltengeist und friert,
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wo wild Begriffe toben.
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Wenn einst das Wort die Tat gebiert,
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wird er uns lächelnd loben.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Hoffnung“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Hoffnung“ wurde von dem deutschen Schriftsteller und Lyriker Erich Mühsam verfasst. Mühsam lebte von 1878 bis 1934. Er war ein bekannter anarchistischer Publizist der Weimarer Zeit und starb unter der Täterschaft der Nationalsozialisten im KZ Oranienburg. Das Gedicht entstand im Kontext der politischen und sozialen Verhältnisse jener Zeit.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht optimistisch und hoffnungsvoll, aber auch aufmüpfig und rebellisch. In einer ersten Interpretation predigt das lyrische Ich die kraftvolle Botschaft der Hoffnung, und ihn würde es sein eigenes Leben kosten, diese Hoffnung aufzugeben. Es ersehnt eine Änderung im Weltgericht und ringt nach Liebe unter den Menschen. Wenn dies nicht durch Gott erreicht werden kann, sollte es auch durch den Teufel passieren. In der dritten Strophe steht der Teufel symbolisch für Wandel und Revolte gegen Regeln und Vorschriften, er ist der Bote der Freiheit. In der vierten Strophe hofft das lyrische Ich, dass am Ende der Mensch das Schicksal in seiner Hand hält und den „Gottesbann“, d.h. die durch Gott auferlegte Ordnung, aufheben kann. Im letzten Vers hofft das lyrische Ich schließlich, dass wenn Worte Handlungen hervorbringen, der „Weltengeist“ anerkennend lächelt.

In der Form besteht das Gedicht aus fünf Strophen zu je vier Versen. Die Versform ist der vierhebige Jambus. Das Reimschema ist gekreuzt (abab). Diese Form trägt zur Klarheit und eingängigen Rhythmik des Gedichts bei. Die Sprache ist, typisch für Mühsam, eindeutig und präzise, wobei er oft starke und auffällige Worte verwendet, um seine Botschaft direkter zu vermitteln. Es werden viele bildhafte Metaphern und Analogien genutzt, zum Beispiel „der Teufel hol Gesetz und Zwang“ um den Wunsch nach Aufhebung von Beschränkungen auszudrücken, und „wenn einst das Wort die Tat gebiert“ um den Wert des Handelns gegenüber leeren Worten zu unterstreichen.

Die Botschaft des lyrischen Ichs in diesem Gedicht ist, dass Hoffnung und der Kampf für Veränderung (auch wenn sie gegen die etablierte Ordnung gerichtet ist) entscheidend sind, um eine bessere, liebevollere Welt zu schaffen. Es ist ein Aufruf zum Handeln und zur Rebellion gegen starre Normen und Regeln, die der Liebe und dem Verständnis unter den Menschen im Wege stehen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Hoffnung“ ist Erich Mühsam. Der Autor Erich Mühsam wurde 1878 in Berlin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1920 zurück. Der Erscheinungsort ist München. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her der Epoche Expressionismus zuordnen. Mühsam ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 106 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit insgesamt 5 Strophen. Erich Mühsam ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Volk der Denker“, „Das Neue Deutschland“ und „Der Anarchisterich“. Zum Autor des Gedichtes „Hoffnung“ haben wir auf abi-pur.de weitere 57 Gedichte veröffentlicht.

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